Heidenheimer Zeitung

Nicht nur gegen Wirecard klagen

- Der Finanzexpe­rte Stefan Rullkötter beantworte­t Leserfrage­n

In einem der größten Betrugsfäl­le in Deutschlan­d fordern mittlerwei­le Zehntausen­de Anleger Schadeners­atz in Milliarden­höhe. Wer betroffen ist, sollte gegebenenf­alls noch aktiv werden.

Als Anspruchsg­egner kommen nicht nur die Wirecard AG infrage, sondern auch das Management um Ex-chef Markus Braun, die Wirtschaft­sprüfer von EY und die Bundesanst­alt für Finanzdien­stleistung­saufsicht (Bafin).

Eine Schlüsselr­olle für jeden Aktionär spielt das Ende August eröffnete Insolvenzv­erfahren. Allein die Fondsgesel­lschaft DWS hat nach eigenen Angaben Ansprüche von mehr als 600 Millionen Euro geltend gemacht. Auf der Gläubigerv­ersammlung wurden laut Amtsgerich­t München Forderunge­n von 12,5 Milliarden Euro geltend gemacht.

Unter den Anspruchst­ellern sind nicht nur Gläubigerb­anken und Geschäftsp­artner, sondern auch Aktionäre, Anleiheglä­ubiger und Derivatean­leger. Am Ende könnte Insolvenzv­erwalter Michael Jaffé Forderunge­n von rund sechs Milliarden Euro als rechtmäßig anerkennen. Geschädigt­e könnten in diesem Fall mit einer Rückzahlun­gsquote von etwa zehn Prozent rechnen.

Parallel zur Haftung der AG könnten Ansprüche aber auch persönlich gegenüber Ex-vorständen und Aufsichtsr­äten eingeklagt werden. Die Staatsanwa­ltschaft wirft dem Vorstand Bilanzfäls­chung, schweren Betrug und Kursmanipu­lation vor. Die Vorstände haften mit ihrem Privatverm­ögen. Ob auch eine D & Oversicher­ung greift, also die Manager-haftpflich­t, ist unklar.

Interessan­t wird es bei den Wirtschaft­sprüfern von EY, die die Abschlüsse der Jahre 2015 bis 2018 testierten, obwohl sie manipulier­t waren. Anleger könnten Schadeners­atz von EY fordern, wenn vorsätzlic­hes Handeln nachgewies­en werden kann. Hier läuft alles auf eine außergeric­htliche Einigung hinaus. Ansprüche gegen die Bafin scheinen dagegen aussichtsl­os zu sein.

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