Rüge für Strobl und Stuttgarter Polizei
Die Bürgerbeauftragte des Landes tadelt den Umgang mit einer im Jahr 2016 festgenommenen Frau.
Stuttgart. Für das Stuttgarter Polizeipräsidium und Innenminister Thomas Strobl (CDU) endet das Jahr mit einer peinlichen Rüge, für eine südbadische Familie zumindest mit einem symbolischen Trost: Die Bürgerbeauftragte des Landes bescheinigt in ihrem Jahresbericht den Stuttgarter Sicherheitskräften, 2016 eine junge Lehrerin „unwürdig“behandelt zu haben. Die Polizei dürfe Fehler nicht erst zugeben, wenn sie bis ins Detail nachgewiesen seien. „Eine zentrale Forderung der Bürgerbeauftragten ist, dass sich die Polizeiführung generell für eine fehlerverzeihende Kultur einsetzen muss“, schreibt Beate Böhlen (Grüne) in ihrem Rapport.
Böhlen ist auch für Beschwerden über die Landespolizei zuständig. Zu den Beispielen im Bericht gehört der Fall einer Lehrerin. „Die Behandlung der jungen Frau war mehr als kritikwürdig“, heißt es dazu. Ermittler hatten die damals 26-Jährige 2016 zusammen mit ihrem damaligen Lebensgefährten festgenommen, der einen sechsstelligen Betrag veruntreut hatte. Sie selbst hatte damit nichts zu tun. Sie sei aber ohne richterlichen Beschluss 24 Stunden lang festgehalten worden, erklärt Böhlen. „Die Begründung lautete damals, dass man die Bankauskunft habe abwarten müssen; doch am nächsten Tag hat man gar keine Bankauskunft eingeholt.“
Die junge Frau hatte auch angegeben, sie sei von der Stuttgarter Polizei geduzt, beleidigt, gedemütigt und bedroht worden. Die Bürgerbeauftragte bestätigt: „Sie wurde unwürdig behandelt.“
Der Kriminologe Thomas Feltes, früher Rektor der Landes-hochschule für Polizei in Villingen-schwenningen, hat das Geschehen mehrfach als rechtswidrig bezeichnet. Auch ihm gegenüber argumentierte das Polizeipräsidium Stuttgart mit den angeblichen Bankermittlungen. Der Vater der jungen Frau, Karlheinz Schmid, in Freiburg selbst Kriminalhauptkommissar, wirft seinen Kollegen handwerkliche Fehler, Rechtsbrüche und Lügen vor – obwohl es sich um eine Polizistentochter handelt. „Was geschieht eigentlich mit Menschen, die sich schlechter wehren können?“
Der Beamte kämpft seit nun bald fünf Jahren um Selbstkritik bei seinem Arbeitgeber und ist von der Bilanz entsetzt. „Die Stuttgarter Polizeispitze lügt nachweislich, um von polizeilichem Fehlverhalten abzulenken, und der amtierende Innenminister
International zur Fahndung ausgeschrieben.
lässt sie wissentlich gewähren.“Das sende verheerende Signale an die Belegschaft.
Seine Tochter, die international zur Fahndung ausgeschrieben war, möchte über den Fall nicht mehr sprechen. Es gab keine Entschuldigung, keine ausführliche schriftliche Rehabilitierung. Vor Gericht ist die Familie aus formellen Gründen gescheitert.
Der Petitionsausschuss tagt nichtöffentlich. Der Vorsitzenden des Petitionsausschusses Petra Krebs (Grüne) zufolge haben die Cdu-minister für Inneres (Strobl) und Justiz (Guido Wolf) im Ausschuss zwar Fehler in der Einstellungsverfügung und bei der Darstellung von Abläufen eingeräumt. Sie bestritten aber Rechtswidrigkeiten. Das Innenministerium beharrte auf seiner Linie: Bei der Behandlung der jungen Frau habe es kein Fehlverhalten gegeben, somit gebe es keinen Grund für eine Entschuldigung.