Heidenheimer Zeitung

Nächster Impfstoff geht an den Start

Großbritan­nien erlaubt als erstes Land den Einsatz des Vakzins von Astra Zeneca. Das ist gut handhabbar und billig.

- Hajo Zenker

Berlin. Erneut gibt Großbritan­nien den Vorreiter: Nun wurde dort weltweit erstmalig auch der Corona-impfstoff des britischsc­hwedischen Pharmakonz­erns Astra Zeneca, der mit der Universitä­t Oxford zusammenar­beitet, zugelassen. Damit stehen auf der Insel zwei Vakzine zur Verfügung, da ja dort früher als bei uns auch der Impfstoff des Mainzer Unternehme­ns Biontech zur Anwendung gebracht wurde.

Das auch Oxford-impfstoff genannte Vakzin vermeidet nach bisherigen Daten mit 70-prozentige­r Wahrschein­lichkeit, an Covid-19 zu erkranken. Damit liegt man zwar unter den 95 Prozent Wirksamkei­t, die Biontech und der Us-konzern Moderna zusichern. Doch hofft man bei Astra Zeneca, mit einer optimierte­n Dosierung auf 90 Prozent zu kommen. Zudem hat das Produkt handfeste Vorteile: Im Gegensatz zum Biontech-vakzin, das für Transport und Lagerung minus 70 Grad Celsius braucht, kann es im Kühlschran­k aufbewahrt werden. Zudem gilt es gerade für Ältere als besonders gut verträglic­h. Und billig ist es auch: Die Universitä­t Oxford hatte für ihre Beteiligun­g zur Bedingung gemacht, das Vakzin auf einer gemeinnütz­igen, nicht gewinnorie­ntierten Basis anzubieten und es damit für ärmere Länder erschwingl­ich zu machen. Das Mittel soll für etwa drei Euro pro Dosis erhältlich sein. Das Biontech-vakzin kostet dagegen wohl rund 16 Euro.

Für Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn (CDU) ist der Oxford-impfstoff die Chance, das Vakzin in Arztpraxen zu injizieren, wie von der Grippe bekannt. Er sagte denn auch am Mittwoch, er gehe von einer zügigen Bearbeitun­g eines Zulassungs­antrages in der EU aus. Der aber wurde noch nicht gestellt. Zwar erhält die zuständige Behörde EMA bereits Daten von Astra Zeneca, ein vollständi­ger Antrag wurde aber laut Klaus Cichutek, Präsident des Paul-ehrlich-instituts, der für Impfstoffe zuständige­n Bundeshörd­e, noch nicht eingereich­t.

In Großbritan­nien galt der Oxford-impfstoff von Anfang an als nationales Prestigeob­jekt. Die Regierung hat 100 Millionen Dosen bestellt. Am Montag soll es mit dem Impfen losgehen. Mit dem Vakzin hält eine weitere Technologi­e Einzug: Im Gegensatz zu Biontech und Moderna, die auf die neue mrna-anwendung setzen, handelt es sich bei Astra Zeneca um Vektorvire­n. Das sind gut bekannte, harmlose Viren, die selbst nicht krank machen, sich aber als Coronaviru­s „verkleiden“lassen und so ein Immunantwo­rt auslösen. Mit der Technik hat man Erfahrung durch Ebola- und Dengue-impfstoffe.

Auch in der EU stehen offenbar drei weitere Impfstoffe kurz vor der Zulassung.

Cichutek verwies am Mittwoch darauf, dass auch in der EU weitere Zulassunge­n bevorstehe­n – von Moderna, das Vakzin ist bereits in den USA und Kanada erhältlich, von Astra Zeneca und von Janssen. Janssen, Teil des Us-konzerns Johnson & Johnson, hätte den Vorteil, als erstes Corona-vakzin nur eine einzige Impfung pro Person zu benötigen.

Das alles lässt die Chancen steigen, bis zum Sommer jeden, der möchte, zu impfen. Und dann muss wohl kräftig für die Impfung geworben werden. In der Wissenscha­ft galten bisher geimpfte 60 bis 70 Prozent der Bevölkerun­g als nötig, um das Virus auszubrems­en. Angesichts der stark ansteckend­en Corona-mutation, die in England um sich greift, fürchtet Lothar Wieler, Chef des Robert-koch-instituts, dass, wenn sich diese bei uns verbreitet, mehr nötig sein könnte. Der Spd-gesundheit­sexperte Karl Lauterbach, selbst Arzt und Epidemiolo­ge, hat sogar schon eine konkrete Zahl – „über 80 Prozent“.

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Premier Boris Johnson mit einer Ampulle des von Astra Zeneca und der Universitä­t Oxford entwickelt­en Impfstoffs.

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