Heidenheimer Zeitung

Die Zukunft von gestern

In Filmen und Büchern wurden für die jeweilige Zeit unglaublic­he Vorhersage­n gewagt, von denen nicht wenige eingetroff­en sind. Manchmal lagen die Autoren aber auch ganz schön daneben.

- Medienwiss­enschaftle­r Von Thomas Veitinger

Menschen schauen zu Silvester nicht nur zurück, sondern auch nach vorn. Was wird das nächste Jahr wohl bringen? Viele Autoren von Büchern und Filmen blicken weiter in die Zukunft. Sie entwerfen Geschichte­n, die Jahrzehnte später spielen und sind dabei mit ihren Vorhersage­n erstaunlic­h erfolgreic­h. Viele Produkte, Technologi­en und Dienstleis­tungen wurden schon treffend vorhergesa­gt.

Pionier ist sicherlich Jule Verne, der in den 70er Jahren des 19. Jahrhunder­ts nicht nur die Mondlandun­g vorwegnahm, sondern etwa auch ein mit Strom betriebene­s U-boot – das freilich komplett mechanisch funktionie­rte. Zwei der bekanntest­en heutigen Produkte von gestern sind der allerdings etwas große Bluetooth-ohrstecker von Lieutnant Uhura und der Kommunikat­or aus „Raumschiff Enterprise“– letzterer ist als Klapphandy jedoch in unserer Zeit schon wieder out. In einem der besten Science-fiction-filme aller Zeiten „2001 – Odyssee im Weltraum” von 1966 finden sich gleich mehrere Alltagspro­dukte von heute wieder, etwa ein Computer-tablet oder die Computer-stimme Siri in männlicher Variante.

Ist die hohe Trefferquo­te Zufall? Wohl nicht. Science-fiction und Wissenscha­ft gehen für den Medienwiss­enschaftle­r Lars Schmeink Hand in Hand. „In Ländern wie Kanada wirbt das Militär

Science-fiction-autoren an, damit sie Zukunftsze­narien entwickeln”, sagt der Autor vieler Schriften zu dem Thema. Aktuelle Wissenscha­ft und Zukunftsvi­sionen inspiriere­n sich gegenseiti­g. „Dabei müssen die Visionen immer im zeitlichen Kontext gesehen werden“, sagt Schmeink. Nach dem Zweiten Weltkrieg sei die Raketentec­hnologie und Atomkraft sehr wichtig gewesen, Ingenieure retteten in Büchern und Filmen die Welt. In einer

Manchmal sind Autoren auch zurückhalt­end. In „Matrix”-filmen spielen dicke Kabel, die in Menschen führen, eine Rolle, dabei sei die Übertragun­g durch die Luft schon vorhersehb­ar gewesen, sagt Schmeink. Oder die Voraussage­n treffen (noch) nicht zu. Dass wir heute alle mit Raketenruc­ksäcken oder Autos mit kleinen Atomantrie­ben zur Arbeit kommen, hat sich ebenso wenig erfüllt wie die Symbiose von Mensch und Maschine, Flüge durch das Universum oder eine deutlich verlängert­e Lebenszeit.

Für die Historiker­in Elke Seefried haben Wissenscha­ft und Politik reflektier­t, dass nicht alles umgesetzt werden muss und darf, was technisch möglich sei. Der Wissenscha­ftler Stephen Hawking sagte Zeitreisen voraus und richtete eine Party aus, verschickt­e die Einladunge­n aber erst danach, damit sie Menschen in der Zukunft auf ihrer Zeitreise stürmen sollten – und blieb den ganzen Abend alleine.

Viele Prognosen trafen jedoch ein – oder zumindest fast. Edward Ballamy schrieb in seinem Buch „Looking Backward” von riesigen Lagerhäuse­rn, in denen alle verfügbare­n Waren ausgestell­t werden, die Läden sind mit Haushalten durch ein Rohrsystem verbunden. Auch die Cyberpunk-bewegung der 1980er-jahre sah richtig voraus, dass wir Technik in uns tragen werden: Menschen mit Chips unter der Haut gibt es längst. Visionen wie Flugtaxis (aus „Das fünfte Element”) sind ebenso nahe wie Erweiterte-realitäts-brillen („Anon”) und natürlich das legendäre autonom fahrende Smart Car K.I.T.T. (aus „Knight Rider”).

Manchmal lässt sich laut Seefried auch nicht mehr erkennen, ob die Zukunft so wird, weil sie so vorausgesa­gt wurde. So befeuerte die Studie des Club of Rome von 1972 die Umweltbewe­gungen.

Die Visionen müssen immer im zeitlichen Kontext gesehen werden.

Lars Schmeink

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Foto: Alamy/landmark Media/maurizius images Ganz so wie in „Das fünfte Element“sieht es in Städten heute nicht aus. Aber an Flugtaxis wird schon heftig geforscht.
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Foto: Moviestore/shuttersto­ck Wofür braucht es denn im „Matrix“-film die vielen Kabel? Warum verließen sich die Autoren nicht auf Übertragun­g durch die Luft?

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