Fallen bei geerbten Aktien
Zum Jahresende häufen sich die Fragen zu speziellen Steuerfragestellungen. Eine, die in den vergangenen Monaten in einem traurigen Zusammenhang häufiger herangetragen wurde, soll im Folgenden erläutert werden: „Von meinem verstorbenen Vater habe ich ein Aktiendepot geerbt. Wie werden die zu versteuernden Gewinne oder verrechenbare Verluste ermittelt, wenn ich die in mein Depot übertragenen Papiere zu einem späteren Zeitpunkt verkaufe?“
Zunächst muss man wissen, dass Erben sogenannte „Gesamtrechtsnachfolger“des verstorbenen Depotinhabers sind. Insoweit erben sie auch die ursprünglichen Einstandskurse. Ein Beispiel: Der Verstorbene hat Aktie A im Oktober 2017 für 100 Euro gekauft, der Erbe hat sie im Oktober 2020 für 150 Euro verkauft. In diesem Fall müsste die Depotbank auf 50 Euro Kursgewinn Abgeltungsteuer zuzüglich Solidaritätszuschlag und gegebenenfalls Kirchensteuer (zusammen maximal 27,99 Prozent) an das Finanzamt abführen.
Sind ins Aktiendepot vom Erblasser auch Titel übertragen worden, die er vor Einführung der Abgeltungsteuer 2009 gekauft und seitdem ununterbrochen gehalten hatte, können die Erben die aufgelaufenen Kursgewinne bei Verkauf gänzlich steuerfrei realisieren.
Umgekehrt können Erben realisierte Verluste aus geerbten Aktien, die vor 2009 gekauft worden sind, nicht geltend machen. Die dafür maßgebliche Einjahresfrist (zwischen Erwerb und Veräußerung) war spätestens Ende 2009 abgelaufen.
Eine Besonderheit gilt für noch offene Verlustvorträge aus Aktiengeschäften, die der Erblasser nicht mehr verrechnen konnte: Der Bundesfinanzhof kippte vor fünf Jahren seine bis dahin geltende Rechtsprechung und entschied, dass Erben diese Miesen ab 2015 nicht mehr steuermindernd verrechnen dürfen (Az. GRS 2/04). Sie sind also unwiederbringlich verloren.