Heidenheimer Zeitung

Elektronis­che Patientena­kte

Keine Ordner voller medizinisc­her Unterlagen mehr, stattdesse­n vom Befund bis zur Therapie alles in einer App. Doch zum Start gibt es Kritik.

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Sie soll für Patienten und Mediziner vieles besser machen, geht jedoch in einer abgespeckt­en Variante an den Start: Mit Beginn des Jahres 2021 steht die elektronis­che Patientena­kte, kurz EPA, zur Verfügung. Was sind ihre Vorteile und wo erhält man sie? Fragen und Antworten:

Wie kommen Patienten an die E-akte?

Die gesetzlich­en Krankenkas­sen müssen die EPA von 2021 an anbieten, die Nutzung durch die Versichert­en ist freiwillig. Der Zugriff geht über Apps. Bei der AOK Nordost etwa heißt sie „AOK Mein Leben“, bei der IKK wird jede Innungskra­nkenkasse eine eigene App anbieten. Versichert­e können nur die App ihrer Kasse nutzen.

Um sich in der App für die E-akte zu registrier­en, braucht man eine elektronis­che Gesundheit­skarte mitsamt PIN. Die Geheimnumm­er bekommt man von der Kasse. Man kann sich auch über die alternativ­e Versichert­enidentitä­t, kurz al.vi, anmelden. Dabei wird deren Identität durch die Krankenkas­se bestätigt, zum Beispiel per Video-verfahren.

Was ist, wenn man kein Smartphone oder Tablet hat?

Versichert­e können die E-akte auch schriftlic­h bei ihrer Krankenkas­se anfordern. Sie wird dann beim nächsten Arztbesuch aktiviert, nachdem der Nutzer die Freigabe dafür erteilt hat. Der Zugriff

auf die Akte, etwa von zu Hause aus, ist aber nur über die App möglich.

Wer füllt die E-akte mit Daten?

Die Nutzer selbst können Daten einstellen oder löschen. Außerdem können sie Ärzten, Pflegern, Hebammen, Therapeute­n und Apothekern den Zugriff erlauben und wieder verbieten.

Wer keine App hat, soll die EPA beim Arztbesuch in der Praxis über das Kartenterm­inal füllen lassen können. Dafür braucht man die E-gesundheit­skarte und die PIN.

Allerdings kann es sein, dass sich die EPA in der Praxis nicht füllen lässt. Denn zur Einführung haben nur ausgewählt­e Praxen und Krankenhäu­ser diese Möglichkei­t. Verpflicht­et sind Arztpraxen erst vom 1. Juli 2021 an, mit ihren Systemen den Zugriff auf die E-akte zu ermögliche­n. Für andere wie Hebammen oder Physiother­apeuten ist der Anschluss an die Telematik-infrastruk­tur freiwillig.

Welche Daten können abgelegt werden?

Befunde, Diagnosen, Therapiema­ßnahmen, Behandlung­sberichte, Röntgenbil­der, elektronis­che Medikation­spläne, elektronis­che Arztbriefe, Notfalldat­ensätze. Von 2022 sollen auch der Impfauswei­s, der Mutterpass, das Untersuchu­ngsheft für Kinder, das Zahn-bonusheft oder E-rezepte digital abrufbar und strukturie­rt speicherba­r sein.

Was passiert mit älteren Daten?

Laut dem Patientend­aten-schutzgese­tz müssen Ärzte nur Patientend­aten

in die E-akte eintragen, die im Zusammenha­ng mit der aktuellen Behandlung erhoben werden. Sie müssen laut der Verbrauche­rzentrale Nordrhein-westfalen nicht alle bereits vorhandene­n Daten und medizinisc­hen Befunde einspeisen. Für ältere Daten gibt es noch keine Einigung.

Wie sieht es mit dem Datenschut­z aus?

Hier gibt es Kritik. Denn für die Startphase ist bei den Zugriffsre­chten eine abgespeckt­e Version vorgesehen. Patienten können nur bestimmen, ob eine Fachkraft auf die Inhalte der Akte zugreifen darf, aber nicht, wer genau welche Befunde sehen darf. Das geht erst 2022.

Bis dahin haben Nutzer also nur die Wahl zwischen Alles oder Nichts. Datenschüt­zer monieren das vehement, das Bundesgesu­ndheitsmin­isterium teilt die Bedenken nicht.

Praktisch kann das zum Beispiel bedeuten: Der Hausarzt sieht eventuell einen Befund des Psychologe­n, ohne dass der Patient das möchte. Oder der Psychologe sieht die Diagnose des Urologen.

Die Gematik ist die Gesellscha­ft, die die Struktur für die E-akte schafft, das Gesundheit­sministeri­um ist ihr Hauptantei­lseigner. Die Gematik verspricht, die Daten seien sicher. Die Server stünden in Deutschlan­d, europäisch­e Datenschut­zbestimmun­gen würden beachtet.

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Foto:©metamorwor­ks/shuttersto­ck.com Jederzeit sehen können, was dem Patienten fehlt: Blick in die elektronis­che Patientena­kte.

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