Schweden fährt härteren Kurs
Regierung in Stockholm schafft die Basis, um mehr Verbote statt nur Empfehlungen aussprechen zu können.
Stockholm. Im Schwedischen Reichstag ist am Freitag das lange verschobene Pandemiegesetz beschlossen worden – womit theoretisch ein Lockdown möglich wird. Von Montag an können im Königreich Geschäfte, Sportanlagen und Gaststätten geschlossen oder der Öffentliche Verkehr stillgelegt werden. Einrichtungen, die sich nicht an die Corona-auflagen halten, werden erstmals mit Geldstrafen bedacht.
Der Vorschlag der rot-grünen Minderheitsregierung wurde von der Opposition abgesegnet, die Bürgerlichen hätten entsprechende Regelungen aber gerne bereits früher gehabt.
Schweden ist international bekannt für seinen Sonderweg – im Frühjahr verzichtete die rot-grüne Minderheitsregierung auf einen Lockdown und ließ Kindergärten, fast alle Schulen, Geschäfte, Restaurants und die Grenzen offen.
Damals dominierte der Staatsepidemiologe Anders Tegnell des Gesundheitsamtes mit seinen Vorschlägen die Krisenpolitik. Als dieser jedoch eine zweite Welle für Schweden ausschloss und im November die Neuinfektionen und Todesfälle stiegen, agierte Premierminister Stefan Löfven selbstständiger.
Dass nun die Periode der Empfehlungen womöglich durch die der Verbote abgelöst wird, hat mehrere Gründe. Einer sind die Neuinfektionen: In dem Land mit zehn Millionen Einwohnern wurden am Freitag innerhalb von 24 Stunden 7187 Neuinfektionen und 171 Todesfälle registriert. Der andere Grund hat mit dem Verhalten
der politisch Verantwortlichen zu tun.
Nach Weihnachten kolportierten die Medien, dass die Mahner Wasser predigten und Wein tranken: Mehrere Minister waren beim Shoppen gefilmt worden, wobei die Schweden dies ab dem 14. Dezember zu unterlassen hatten, wie Löfven gefordert hatte – und ausgerechnet dieser wurde am häufigsten beim Schlendern in einer Stockholmer Shoppingmall ertappt. Die Umfragewerte gingen in den Keller.
„Die Regierung hat noch keinen Beschluss gefasst, die Geschäfte zu schließen, aber die Regierung ist bereit, einen solche Entscheidung zu treffen“, betonte Löfven am Freitag. Das Wort „Lockdown“nahmen er und andere Vertreter des Regierungslager nicht in den Mund. Denn in der Novelle ist auch nicht die Handhabe einer Ausgangssperre gegeben.