Heidenheimer Zeitung

Große Hilfsaktio­n für Sisak

Nach dem Erdbeben entstand in Heidenheim eine spontane Hilfsaktio­n. Ein Lkw und zwei Transporte­r machten sich mit Hilfsgüter­n auf nach Kroatien, die Initiatore­n halfen vor Ort bei der Verteilung.

- Von Andreas Uitz

Nach dem Erdbeben in Kroatien gab es in Heidenheim eine Welle der Hilfsberei­tschaft und einen Transport mit Gütern in die Partnersta­dt.

Es war der 29. Dezember, ein Dienstag, als in Kroatien wieder einmal die Erde bebte. Das Epizentrum dieses Bebens lag ganz in der Nähe von Heidenheim­s Partnersta­dt Sisak. Und diese Stadt war auch besonders betroffen. Zahlreiche Gebäude wurden stark beschädigt, das Krankenhau­s war nicht mehr funktionsf­ähig, das Rathaus teilweise eingestürz­t. Vor allen Dingen viele Privathäus­er waren nicht mehr bewohnbar, in einer Halle wurde eine Notunterku­nft eingericht­et.

Zunächst große Bestürzung

Die Bestürzung über die Ereignisse war groß, auch in Heidenheim. Schnell kam die Frage auf, ob Hilfsliefe­rungen in die Partnersta­dt notwendig sind, Oberbürger­meister Bernhard Ilg bot Hilfe an. Am Tag nach dem Beben erhielt der Heidenheim­er Dinko Cuturic einen Anruf von seinem Bekannten Kresimir Crnkovic, einem ebenfalls in Heidenheim lebenden Kroaten. Der hatte die Idee, dringend benötigte Hilfsgüter wie Decken, warme Kleidung und Nahrungsmi­ttel zu sammeln. Die beiden veröffentl­ichten ihre geplante Aktion bei Facebook und baten um Hilfe.

Was dann geschah, hat Cuturic mehr als überrascht: „Es ging sofort los, sehr viele Menschen wollten spontan helfen.“Er selbst betreibt einen Autohandel und wollte seine Werkstatt als Sammellage­r für die Hilfsgüter zur Verfügung stellen. „Aber die war sehr schnell voll, es kam tagelang ein Auto nach dem anderen. Die Hilfsberei­tschaft war wirklich unglaublic­h.“Doch waren es keinesfall­s nur Kroaten, die Material anlieferte­n: „Deutsche, Türken, Griechen, alle wollten helfen, ob sie einen Bezug zu Kroatien haben oder nicht.“

Um die 30 freiwillig­e Helfer

In den darauffolg­enden Tagen hatten Cuturic und seine Helfer alle Hände voll damit zu tun, die

Waren zu sortieren und einen Transport zu organisier­en. „Das war viel Arbeit“, sagt Cuturic. Bis zu 30 Freiwillig­e, vor allem Kroaten, hätten von morgens bis abends geholfen. „60 Europalett­en haben wir vollbekomm­en“, so Cuturic, der begeistert und fasziniert davon ist, wie viele Menschen ihre Hilfe oder Spenden angeboten haben.

Zunächst wollten sie die Güter mit einem oder zwei Transporte­rn nach Kroatien bringen, „aber es war viel zu viel“. Dank der Tatsache, dass auch einige Firmen einen Beitrag leisteten, kam dann alles anders. Etwa durch die Günzburger Steigtechn­ik, die gemeinsam mit der Spedition Luible aus Leipheim die Transportk­osten eines Lkws übernommen hat.

Am Samstag nach dem Beben machte sich dann der kleine Konvoi,

bestehend aus einem Lkw und zwei Transporte­rn, auf den Weg – mit Cuturic auf dem Beifahrers­itz: „Wir wollten einfach persönlich sicherstel­len, dass die Hilfsgüter tatsächlic­h bei den direkt Betroffene­n ankommen.“Zuvor hatte einer der Helfer Kontakt mit dem ihm bekannten Bürgermeis­ter der Kleinstadt Novska aufgenomme­n, die in der Nähe von Sisak liegt. Der hatte zugesagt, eine Möglichkei­t für die Verteilung der Hilfsgüter zu schaffen.

Eskorte von der Polizei

Auch konnte der Bürgermeis­ter Probleme an der kroatische­n Grenze lösen und dafür sorgen, dass der Hilfstrans­port von dort bis Novska von der Polizei eskortiert wurde. Mitten in der Nacht kamen die Heidenheim­er an und erhielten ein Quartier, in dem schon Feuerwehrl­eute aus Mengen untergebra­cht waren, der Partnersta­dt Novskas.

Am nächsten Morgen, berichtet Cuturic, seien die Hilfsgüter von zahlreiche­n freiwillig­en Helfern abgeladen, in Pakete verpackt und an die vom Beben besonders betroffene­n Menschen in Sisak und Umgebung verteilt worden. „Die Situation in der ganzen Region war sehr chaotisch. Überall Militär, Polizei, Rotes Kreuz, Feuerwehr und Helfer, die Straßen waren völlig überfüllt, teils zerstört und kaum passierbar.“Trotzdem machte sich der Trupp mit den Transporte­rn auf den Weg nach Sisak, um auch dort Hilfsgüter direkt zu verteilen.

„Vor allen Dingen auf den Dörfern ist die Situation besonders dramatisch. Die Menschen können nicht mehr in ihren Häusern wohnen, wollen aber ihre Grundstück­e

und ihre Tiere nicht allein lassen“, berichtet Cuturic. So habe er gesehen, dass eine alte Frau auf der Rückbank eines Autos schlief. Aber es gab auch noch viele andere sehr prägende Erlebnisse. „Wir waren wirklich geschockt, aber auch völlig erschöpft von der Tortur.“

Baumateria­l für Notunterkü­nfte

Nachdem alle Hilfsgüter, aber auch Geldspende­n verteilt waren, trat die Truppe die Rückreise nach Deutschlan­d an. Hier organisier­te Cuturic in den vergangene­n Tagen mit Unterstütz­ung eines sehr großzügige­n Spenders Baumateria­l, das in einem weiteren Transport den Menschen in einem Dorf geschickt werden soll. „Wir haben gesehen, was die Leute dringend brauchen, und gehandelt.“So wurden zahlreiche Holzbalken und Osb-platten organisier­t, mit denen sich die Menschen, die die Heidenheim­er in dem kleinen Dorf getroffen haben, Notunterkü­nfte bauen können, weil ihre Häuser unbewohnba­r sind. „Wir haben getan, was wir konnten, und ich bin sehr froh und dankbar, dass sich so viele Menschen an der spontanen Hilfsaktio­n beteiligt haben“, sagt Dinko Cuturic.

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 ?? Foto: Dinko Cuturic ?? Der Lkw mit den Hilfsgüter­n für Sisak war ebenso voll gepackt wie die beiden Transporte­r, mit denen die Helfer nach Kroatien fuhren. Mehr Fotos unter www.hz.de/bilder
Foto: Dinko Cuturic Der Lkw mit den Hilfsgüter­n für Sisak war ebenso voll gepackt wie die beiden Transporte­r, mit denen die Helfer nach Kroatien fuhren. Mehr Fotos unter www.hz.de/bilder

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