Heidenheimer Zeitung

Hoffen aufs Scheitern

- leitartike­l@swp.de

Das Superwahlj­ahr 2021 ist für das gesamte politische Spektrum sehr wichtig, aber kaum eine Partei hat so viel zu verlieren wie die AFD. 2021 wird in vielen Hochburgen der Rechtspopu­listen gewählt, und es sieht wahrhaftig nicht gut aus für die erfolgsver­wöhnten Rechtsausl­eger.

Die Partei ist durch einen inneren Richtungss­treit gelähmt. Statt wie so oft seit ihrer Gründung die Themen zu setzen, ist sie abhängig von den anderen. Einzig ein grandioser Misserfolg der politische­n Gegner könnte sie wiederbele­ben.

Dabei schien es Mitte Dezember noch so, als ob das ansonsten missglückt­e Jahr 2020 gut enden könnte für die AFD. Die Diskussion über die Erhöhung des Rundfunkbe­itrags hat der Partei in doppelter Hinsicht geholfen: Der höhere Beitrag kommt nicht, und – viel wichtiger – die politische Konkurrenz tat ihr endlich mal wieder den Gefallen, nicht über Inhalte zu diskutiere­n, sondern die AFD in den Mittelpunk­t zu stellen. Alle gegen uns, nichts motiviert die Afd-basis mehr. Das brachte auch die zuletzt so zerstritte­ne Führungseb­ene wieder ein kleines bisschen näher zusammen.

Was immer da war, es hielt nicht lange. Die dritte Corona-welle verwüstete die Aufstellun­g der AFD wie ein Tsunami. Die nach vielen Kehrtwende­n gefundene Fundamenta­loppositio­n zu den Maßnahmen der Bundesregi­erung kommt nicht an bei den Wählern. Doch der größte Rückschlag steht noch bevor. Im Januar könnte der Verfassung­sschutz die Gesamtpart­ei unter Beobachtun­g stellen. Ein Schritt, der von nahezu allen Lagern der AFD gefürchtet wird.

Über den richtigen Umgang damit streitet sich die Partei allerdings so sehr, dass sie kaum noch handlungsf­ähig ist. Die Partei ist in dieser Frage gespalten in zwei etwa gleich große Lager. Eine Person, die sie zusammenfü­hren kann, ist nicht in Sicht. In früheren Jahren war das die Stärke von Alexander Gauland, dem Ehren- und Ko-fraktionsv­orsitzende­n. Doch er hat an Einfluss verloren. Vorbei sind auch die Zeiten, in denen die AFD die anderen Parteien vor sich hertreiben konnte. Insbesonde­re die Spitzenpol­itiker der CDU und CSU haben gelernt, dass Anbiederun­g keine Lösung ist, sondern nur harte Abgrenzung.

Ihr Fehler war es, die eigenen Politik-mechanisme­n auf die AFD zu übertragen. Doch der Kompromiss ist den Blauen ein Fremdwort, ihre Reaktion

Früher hat die AFD Themen gesetzt, jetzt kann sie nur passiv zuschauen, ist abhängig vom Erfolg der anderen.

auf die Zugeständn­isse war es, immer weiter nach rechts zu ziehen, immer weitergehe­nde Forderunge­n zu stellen. Das Signal an die Wähler war eindeutig: Mit einer Stimme für die AFD konnten sie die Politik viel stärker verändern als mit einer Stimme für die Union.

So kann die AFD nur auf ein Scheitern der Corona-politik von Bund und Ländern hoffen. Sicher, gelingt es nicht, die Bevölkerun­g zeitnah durchzuimp­fen und Pleitewell­en zu verhindern, wird das die AFD womöglich wiederbele­ben. Das Prinzip Hoffnung ersetzt den strategisc­hen Plan, und was für eine miserable Hoffnung das ist für die vorgeblich­en Super-patrioten der AFD: Nur das Schlimmste für das Land kann genügen, um 2021 ihr politische­s Desaster zu verhindern.

 ??  ?? Leitartike­l
Dominik Guggemos
über die AFD im Superwahlj­ahr 2021
Leitartike­l Dominik Guggemos über die AFD im Superwahlj­ahr 2021

Newspapers in German

Newspapers from Germany