Liebe Bedürfnisse,
man kann es nicht oft genug betonen: Wir alle sind Eure Sklaven, gleich ob Mensch oder
Tier. Bedürfnisse regieren die Welt. Schön konnte man dies unlängst nahe Zang beobachten. Es lag schon ausreichend Schnee, was in Menschen das dringliche Bedüfnis weckt, einen Schneemann zu bauen. Wenigstens einen kleinen, nur ganz kurz, doch, so viel Zeit muss sein. Schon ist das Kunstwerk fertig, das Bedürfnis ist gestillt, zufrieden wandert man weiter.
Doch wenn wir unser Bedürfnis stillen, muss das auch anderen Wesen erlaubt sein. Dort, am Zanger Waldrand, führen stolze Hundebesitzer ihre Tiere aus, und an vertikalen Objekten reift in Hunden gerne ein bestimmtes Bedürfnis. Hoch das Bein, nur ganz kurz, doch, so viel Zeit muss sein. Schon ist das Bedürfnis gestillt, zufrieden wandert der Hund weiter.
Klar ist wiederum, dass dieses gestillte Bedürfnis neue dringende Bedürfnisse auslöst: Beim nächsten Hund, er kann sich schlicht nicht mehr zurückhalten. Empörtes Schnuppern: Nein, das ist MEIN Revier. Hoch das Bein, nur ganz kurz, doch, so viel Zeit muss sein.
Das Ergebnis ist unansehnlich und löst Bestürzung aus: Ein Schneemann, der aussieht, als habe er ein ganz dringendes Bedürfnis nicht mehr zurückhalten können, als habe er es nicht mehr zur nächsten Bedürfnisanstalt geschafft. Die Hose ist sozusagen im Eimer, weshalb er die Arme auch entsetzt nach oben reißt. Doch gleichzeitig sieht man in seinem Gesicht jenes selige Lächeln, das einen überkommt, wenn man ein ganz, ganz dringendes Bedürfnis stillen konnte.
Wir wünschen dem kleinen Schneemann in Zang ein langes Leben. Möge die Zahl der bedürftigen Hunde nicht so hoch sein, dass dem kleinen Kerl der Sockel schmilzt. Und möge kein Kalb von Hund erscheinen, der dem kleinen Schneeman am Ende auf den Kopf . . .
Ja, das war jetzt alles nicht sehr appetitlich. Aber es war uns ein Bedürfnis, das zur Sprache zu bringen. Und Ihr lest das ja eh wieder nicht. Hendrik Rupp