Heidenheimer Zeitung

Bock zum Gärtner

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Zum Interview mit dem Cdubundest­agsabgeord­neten Roderich Kiesewette­r („,Friedrich Merz ist nicht wählbar‘“, Ausgabe vom 4. Januar) und zum Leserbrief „Aussage ist unverschäm­t“, Ausgabe vom 8. Januar

Herrn Rogowskis Lobrede auf Herrn Merz enthält genau eine konkrete Aussage: „Viele Jahre umfangreic­he Erfahrung in der Wirtschaft“. Ein Blick in Wikipedia zeigt uns, woraus die tatsächlic­h besteht.

Herr Merz ist Rechtsanwa­lt. Er war Aufsichtsr­atsmitglie­d von Banken, Versicheru­ngen und zuletzt des Vermögensv­erwalters Blackrock Deutschlan­d. Abgesehen davon leitete er in staatliche­m Auftrag kurzfristi­g einen Bankenverk­auf und ein Projekt zur Koordinier­ung von Brexitausw­irkungen.

Anders gesagt: Herr Merz war nie operativ tätig. Er hat also nie konkret dazu beigetrage­n, irgendetwa­s zu produziere­n oder eine Dienstleis­tung anzubieten, die dem gemeinen Bürger einen Nutzen bringt.

Ob er die Aufsichtsr­atsmandate erhalten hat, weil er wirtschaft­skompetent ist oder weil er gute Verbindung­en in die Politik hat, darf der geneigte Leser selbst beurteilen. Ich halte das Letztere für ausschlagg­ebend. Zumindest in Bezug auf Blackrock wird er in der Presse regelmäßig als Lobbyist bezeichnet.

Wenn überhaupt hat Herr Merz also eine sehr spezielle Wirtschaft­skompetenz und die außerdem fast nur im Bereich Finanzkonz­erne. Er gehörte zu einer privilegie­rten Gruppe, deren Tagesgesch­äft kaum weiter von den Lebensumst­änden und Lebensbedü­rfnissen der Bevölkerun­g oder von Arbeitnehm­ern entfernt sein kann. Auch zentrale Wirtschaft­sbereiche von kleinen Selbststän­digen bis zu mittelstän­dischen Betrieben sind ihm fremd.

Der Einfluss der Wirtschaft­slobby auf unsere Politik ist jetzt schon viel zu groß. Ich halte das für eines der größten Probleme unserer Demokratie. Mit Friedrich Merz würde die CDU einen Bock zum Gärtner machen. Joachim Gröschl, Giengen

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