Ein Irrweg
Kirchen als Sterbehelfer? Die Vorstellungen namhafter evangelischer Theologen gehen weit. Mediziner in kirchlichen Einrichtungen sollen Sterbewilligen beim assistierten Suizid helfen. So könne der Selbstbestimmung des Einzelnen Genüge getan werden.
Selbstbestimmung ist ein hohes Gut. Das Bundesverfassungsgericht hat es im Februar 2020 aufs höchste Podest gestellt, als es das Verbot organisierter Hilfe bei der Selbsttötung kippte. Doch ist es auch das höchste christliche Gebot? Bisher haben sich die Kirchen den Schutz des Lebens und die Achtung der Würde des Einzelnen auf die Fahnen geschrieben, die auch in der Sterbebegleitung und der bestmöglichen Palliativmedizin Ausdruck finden. Die katholische Kirche will davon kein Jota abweichen, weite Teile der evangelischen Kirche sehen das ähnlich. Und das ist richtig.
Am unbedingten Schutz für die Schwächsten – und das sind schwerkranke und sterbende Menschen – darf es aus christlicher Sicht keinen Zweifel geben. Subtiler Druck auf Schwerkranke ist nicht auszuschließen, wenn assistierter Suizid als gleichrangige Option zu Palliativangeboten in einer Klinik möglich wird. Man will ja niemandem zur Last fallen – und schon gar nicht den Angehörigen, mag sich dann der ein oder andere denken? Warum noch Kosten verursachen, wenn doch das unumkehrbare Vergessen einer Demenz droht? Wer die Tür zum Suizid öffnet, darf sich nicht wundern, wenn der Durchgang genutzt wird. Dann wird aus einer Ausnahme in vermutlich gar nicht so langer Zeit eine Selbstverständlichkeit. Die Kirchen müssen sich dieser gesellschaftlichen Verschiebung entgegenstellen. Unterstützen dürfen sie diese nicht.