Heidenheimer Zeitung

Die Zelle als Kopierer

- Hajo Zenker

zunächst einmal ganz normal. Viren verändern sich, wenn sie sich vermehren. Wobei sie sich nicht selbst vermehren können. Das gilt auch für Sars-cov-2. Hat ein Coronaviru­s eine menschlich­e Zelle „gekapert“, zwingt es diese vielmehr, Corona-kopien herzustell­en. Dabei treten immer wieder kleine Kopierfehl­er auf, die den genetische­n Code des Virus verändern, es mutiert. Das Coronaviru­s hat ein Genom, das rund 30 000 Buchstaben lang ist, und eigene Eiweißstof­fe. Beim Kopiervorg­ang dieser Buchstaben des Erbgutes, das die Form eines langen Rna-stranges hat (RNA steht für Ribonuklei­nsäure), entstehen Fehler. Da werden Buchstaben vertauscht, falsch geschriebe­n oder gelöscht. Zuständig für diese Vervielfäl­tigung ist ein Enzym namens Polymerase, quasi die virale Kopiermasc­hine. Befallen die frisch mutierten Viren einen neuen Menschen, können bei ihrer Vermehrung natürlich erneut Fehler passieren, die zu den alten hinzukomme­n. Varianten gibt es so bereits hunderttau­sendfach.

Werden immer mehr Menschen infiziert, steigt die Häufigkeit von Mutationen. Dabei kommt es auch zu Virus-formen, die sich besser übertragen lassen als andere – und deshalb ihre Virus-geschwiste­r in der Ausbreitun­g überholen. Eine Mutation kann also durchaus die Verbreitun­g des Erregers beschleuni­gen, den Krankheits­verlauf verschlimm­ern, die Wirksamkei­t von Impfstoffe­n und Medikament­en beeinträch­tigen – oder auch ganz im Gegenteil, das Virus harmloser machen. Letztlich ist das fehlerhaft­e Kopieren eine Stärke des Virus, weil es sich so rasch auf eine neue Umgebung einzustell­en vermag. Und damit etwa den Antikörper­n, die der menschlich­e Körper gegen die Eindringli­nge bildet, entwischen kann. Das Ganze folgt allerdings keinem Plan, es passiert zufällig. Ob sich eine mutierte Variante durchsetzt, hängt von äußeren Umständen ab.

Bisher sah es so aus, als ob bei Sars-cov-2 die Veränderun­gsrate nur halb so groß wie die von Influenza-viren ist, für die ja jährlich der Impfstoff geändert werden muss. Bisher schienen sich auch Verbreitun­gsfähigkei­t und Gefährlich­keit nicht signifikan­t verändert zu haben. Zumindest bei der Verbreitun­g scheint das mit den Mutationen aus England und Südafrika nun anders auszusehen.

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