Liebes Mitgefühl,
bekanntlich vermissen wir Dich an vielen Punkten, finden Dich aber auch immer wieder, wo wir Dich gar nicht vermutet hätten.
Kommen wir in unsere Gegend, wo alsbald wieder die Weihnachtsbäume abgeholt werden, weil man die ab Dreikönig auf die Straße stellt. Früher standen die Dinger bis Mariä Lichtmess im Februar, aber da waren noch alle katholisch und vor allem schlug man die Christbäume an Weihnachten frisch im Wald, weshalb sie nicht schon nach eineinhalb Wochen ihre Nadeln abwarfen, als sei das nächste AKW explodiert.
Jedenfalls: Weihnachtsbäume werden an bestimmten Stellen abgeholt. Wo, kann man irgendwo nachlesen, aber in allen Orten gibt es tapfere Rentner, die sich auskennen und ihre Bäume gut sichtbar an die richtige Stelle legen.
Da legen dann auch alle anderen Leute ihre Bäume hin. Schon für dieses Mitgefühl danken wir an dieser Stelle, denn viele der Christbaum-lotsen sind auch die, auf die wir uns beim Gelben Sack verlassen. Ihr seid spitze!
Nun aber: An der Lammstraße in Schnaitheim werden Weihnachtsbäume an einer Straßenecke abgeholt. Nicht an einer Grünanlage, denn so etwas gibt es an der Lammstraße nicht. Der echte Schnaitheimer schätzt nämlich das Leben ohne Vorgarten.
An besagter Ecke hängt aber auch ein Zigarettenautomat (die gibt es sogar an der Lammstraße), und ein Konflikt wäre programmiert, wenn . . . ja wenn es nicht ein verblüffendes Mitgefühl gäbe: Links und rechts türmen sich die Bäume mannshoch, doch die Menschen lassen eine Gasse zum Automaten frei. So viel Mitgefühl wärmt selbst dem Nichtraucher das Herz, und es ist nicht wichtig, was dieses Mitgefühl nährte: Höflichkeit? Menschenliebe? Die Tatsache, dass es sonst immer so laut wird, wenn sich Nikotinsüchtige mit der Motorsäge zum Automaten durcharbeiten?
Nein, lassen wir die Beobachtung doch einfach stehen (und die Bäume liegen): Es ist schlicht und ergreifend nett, dass man hier an andere denkt. Bravo. Aber Ihr lest das ja eh wieder nicht.