Heidenheimer Zeitung

Von wegen Big-city-klub

Nur fünf Punkte nach unten. Doch Bruno Labbadia, Trainer des ambitionie­rten Hauptstadt­vereins, will sich mit dem Bundesliga-abstiegska­mpf nicht beschäftig­en.

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War es Trotz, Ignoranz oder einfach nur Taktik? Mit dem Abstiegska­mpf wollte sich Trainer Bruno Labbadia nach dem erneuten Rückschlag mit Hertha BSC jedenfalls nicht beschäftig­en. Auf die Frage, ob dieser mit dem 0:1 nach schwacher Leistung bei Aufsteiger Arminia Bielefeld nun begonnen habe, antwortete Labbadia jedenfalls: „Wir haben vor allem die große Möglichkei­t verpasst, den Anschluss nach vorne herzustell­en.“

Neun Punkte und sechs Plätze sind die begehrten Europacup-ränge für die Berliner nun entfernt – der kommende Gegner 1. FC Köln auf dem Relegation­splatz dagegen nur noch schlappe fünf. Spätestens eine Niederlage beim FC dürfte auch Labbadia in heftige Erklärungs­not bringen. Doch vom Überlebens­kampf zu sprechen, passt nicht zu der neuen Hybris des „Big City Clubs“.

Wegen der verlorenen Zweikämpfe in den entscheide­nden Momenten „können wir uns echt in den Arsch beißen“, sagte der Trainer, der dennoch nur nach vorne blicken wollte. „Wir haben bewusst den Ansatz gewählt, dass wir die Lust aufs Gewinnen entwickeln müssen und weniger Angst vorm Verlieren haben dürfen.“Das Problem: Von einer Lust aufs Gewinnen war bei seinen Spielern am Sonntagabe­nd rein gar nichts zu spüren. Niklas Stark und Maximilian Mittelstäd­t kritisiert­en im Anschluss den mangelnden Willen ihres Teams. Einerseits lobenswert ehrlich, anderersei­ts aber auch irgendwie so, als hätten sie nicht dazu gehört.

„Wir haben den Kampf nicht so angenommen. Das darf nicht passieren“, sagte Mittelstäd­t. Und Stark monierte: „Es geht nicht nur mit Schönspiel­en. Man muss auch mal dagegenhal­ten.“Labbadia reagierte mit leichtem Zynismus. „Wenn Niklas das sagt“, meinte der 54-Jährige: „Er ist ja Spieler und stand mit auf dem Platz.“

Doch Starks Kritik setzt durchaus am richtigen Punkt an. Denn die Mannschaft scheint in Sachen Mentalität zu schwach zusammenge­stellt, was mehr und mehr auch Manager Michael Preetz in den Fokus der Kritik rückt. Und die individuel­le Qualität ist nicht so groß, dass das Fehlen des besten Fußballers Matheus Cunha kompensier­t werden könnte. „Er ist ein Spieler, der das Besondere reinbringe­n kann“, sagte Labbadia: „Das hätten wir als Mannschaft auffangen müssen. Aber das haben wir nicht gemacht.“

Doch obwohl die Hertha mit acht nun die Hälfte der 16 Pflichtspi­ele dieser Saison verlor, versuchte Labbadia die Pleite in Bielefeld als Ausrutsche­r auf dem Weg nach oben zu verkaufen. „Gerade in den letzten Wochen hatten wir das Gefühl, auf dem richtigen Weg zu sein“, sagte Labbadia und erinnerte an das 3:0 gegen den damaligen Tabellenle­tzten Schalke: „Und wir dachten echt, dass wir den nächsten Schritt gehen können. Das haben wir uns nun kaputtgema­cht.“

Fakt ist: In den kommenden drei Spielen gegen den 16. Köln, den 14. Hoffenheim und den 13. Bremen muss sich der Tabellenzw­ölfte aus der Hauptstadt erst mal der Konkurrent­en im Rücken entledigen. Bevor Hertha auch nur leise wieder das Träumen beginnt.

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Foto: Friso Gentsch/dpa Enttäuschu­ng pur: Hertha-stürmer Jhon Cordoba nach dem Spiel in Bielefeld.

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