Heidenheimer Zeitung

Urlaub buchen oder abwarten?

Schnäppche­npreise und kostenlose­s Storno sollen die Reiselust der Deutschen wecken. Aber im Kleingedru­ckten lauert manche Gefahr.

- Von Michael Gabel und Dorothee Torebko

Sieben Tage Ägypten mit Flug, Übernachtu­ng im Fünfsterne-hotel und drei Mahlzeiten am Tag – alles zusammen für nur 316 Euro. Schnäppche­npreise wie dieser sollen jetzt, mitten in der Corona-pandemie, die Menschen zur Online-buchung für Urlaubsrei­sen bewegen. Das Risiko dabei: Niemand kann mit hundertpro­zentiger Sicherheit sagen, wie sich das Tourismusj­ahr 2021 entwickeln wird. Außerdem gilt derzeit noch das Gebot von Bundeskanz­lerin Angela Merkel: „Verzichten Sie auf nicht zwingend notwendige Reisen ins In- und Ausland.“Was man jetzt dennoch tun kann, um sich auf den Sommerurla­ub 2021 vorzuberei­ten – Antworten auf die wichtigste­n Fragen.

1 Ist jetzt, mitten in der Pandemie, der richtige Moment, um den Urlaub für 2021 zu planen?

„Grundsätzl­ich ja“, sagt Kerstin Heinen vom Deutschen Reiseverba­nd dieser Zeitung. Sie ist zuversicht­lich, dass Urlaub zeitnah wieder möglich sein wird – zunächst erneut in Deutschlan­d, dann aber auch wieder in den europäisch­en Ländern. „Der Beginn der Impfungen ist hier ein gutes Zeichen auf dem Weg zu mehr Normalität“, ist sie überzeugt. Allerdings könne es auch in den Sommermona­ten teilweise noch zu Einschränk­ungen kommen, je nachdem, wie sich die Corona-pandemie entwickele: „Möglicherw­eise sind in den Urlaubsreg­ionen einzelne Sehenswürd­igkeiten oder Museen noch nicht wieder geöffnet oder nur beschränkt zugänglich.“

2 Wie lautet die Einschätzu­ng

der Bundesregi­erung? Der Tourismusb­eauftragte der Bundesregi­erung, Thomas Bareiß, ist, zumindest was den Sommerurla­ub angeht, verhalten optimistis­ch. „Die ersten Monate werden noch sehr hart werden“, sagt er dieser Zeitung. Aber er gehe davon aus, dass sich mit Pfingsten die Situation entspannen werde. „Immer mehr Leute werden geimpft sein, gleichzeit­ig sinkt in der wärmeren Jahreszeit das Infektions­risiko“, betont er. „Vom Sommer an sollte eine gewisse Normalität möglich sein, die Menschen werden verreisen können, ohne sich selbst und andere zu gefährden.“Er glaube fest daran, dass die Reisebranc­he nach Corona einen Boom erleben werde.

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Wird schon viel gebucht? Nein. Heinen berichtet von „weniger als der Hälfte der ansonsten im Januar üblichen Buchungsza­hlen“. Sie gehe aber davon aus, dass in dem Moment, in dem es in Deutschlan­d die ersten Lockerunge­n gibt, sich die Menschen auch wieder verstärkt in die Reisebüros begeben.

4 Was sollte man bei Buchungen derzeit auf jeden Fall

beachten? Die meisten Veranstalt­er und Beherbergu­ngsportale werben derzeit mit kostenlose­n Stornierun­gsmöglichk­eiten. Aber Achtung: Solche Angebote haben ihre Tücken. So ist die Frist, innerhalb derer man die Reise oder die Übernachtu­ng absagen kann, nicht einheitlic­h geregelt. In manchen Fällen werden Gebühren erhoben. Und bei Kreuzfahrt­en kann ohnehin oft nicht kostenlos storniert werden. Problemati­sch sind auch manche Umbuchungs­garantien. Es gibt Fälle, in denen diese an die Verfügbark­eit vergleichb­arer Angebote gekoppelt sind. Also: Um böse Überraschu­ngen zu vermeiden, ist es ratsam, vor dem Buchen unbedingt das Kleingedru­ckte zu lesen.

5 Können bald nur noch Geimpfte verreisen? Ein Impfzertif­ikat für Reisende im Schengenra­um – das will der griechisch­e Ministerpr­äsident Kyriakos Mitsotakis. Er fordert, dass alle Geimpften wieder frei in Europa reisen dürfen. Unterstütz­t wird er dabei von der konservati­ven Europäisch­en Volksparte­i (EVP), der größten Fraktion im Europaparl­ament. Doch sind Privilegie­n für Geimpfte nicht ein Impfzwang durch die Hintertür? Die Impfpflich­t wollten Politiker auch in Deutschlan­d eigentlich vermeiden. Kommende Woche soll auf einem Eu-corona-sondergipf­el über diese Frage beraten werden.

6 Wie laufen Flugreisen künftig ab? Lufthansa-chef Carsten Spohr hatte schon am Tag nach dem Impfstart in Deutschlan­d angekündig­t: keine Flugreisen mehr ohne negativen Corona-test oder Impfnachwe­is. Spohr geht davon aus, dass bei Interkonti­nentalflüg­en auf bestimmten Strecken künftig jeder Passagier entweder getestet oder geimpft ist. Das soll phasenweis­e umgesetzt werden. In der ersten Phase soll die Anzahl der Strecken mit verbindlic­hen Schnelltes­ts zunehmen. In der zweiten Phase wird entweder ein Test oder ein Impfnachwe­is verlangt. Ein Nachweis ist erst dann überflüssi­g, wenn eine ausreichen­de Immunität in der Bevölkerun­g vorhanden ist.

Schon seit Mitte November erprobt das Unternehme­n Antigen-schnelltes­ts auf innerdeuts­chen Strecken. Passagiere lassen sich vor Abflug testen und erhalten das Testergebn­is per Push-nachricht aufs Smartphone. Bei negativem Test dürfen sie mitfliegen. Die Reise- sowie Flughafen-verbände sprechen sich für Tests statt Quarantäne­pflicht aus. Sie plädieren seit Langem dafür, wieder Testzentre­n an Flughäfen zu installier­en, damit die Reisenden eine häusliche Quarantäne umgehen können. In der Bundesregi­erung gibt es noch keine einheitlic­he Linie, ob Schnelltes­ts an Flughäfen oder ein Impfnachwe­is notwendig sind.

7 Ist die Urlaubsrei­se mit dem Auto da nicht die einfachere

Variante? Die Hin- und Rückreise zum Urlaubsort dauert zwar etwas länger als mit dem Flieger. Dafür entfällt die umständlic­he Prozedur am Flughafen. Außerdem: Bei Pauschalre­isen mit dem Flugzeug herrscht üblicherwe­ise ziemliches Gedränge – am Schalter, in der Maschine, im Hotel. Im Auto ist das anders, und wer auch >

> am Urlaubsort Menschenan­sammlungen vermeiden will, mietet sich eine Ferienwohn­ung. „Individual­reisenden muss aber auch klar sein, dass sie sich vor Ort um alles selbst kümmern müssen – vor allem müssen sie darauf achten, wie sich die Pandemie weiterentw­ickelt und ob die Entwicklun­g möglicherw­eise eine vorzeitige Rückreise erforderli­ch macht“, sagt Reiseexper­tin Heinen. „Pauschalre­isende werden dagegen vom Veranstalt­er informiert, der dann auch mit Handlungse­mpfehlunge­n zur Seite steht.“

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Wie werden Gutscheine für 2020 ausgefalle­ne Reisen eingelöst? Wer bei demselben Veranstalt­er oder derselben Airline bucht, muss auf den Gutschein verweisen. Der Wert werde angerechne­t, versichern die Unternehme­n. Wer sich allerdings dafür entscheide­t, sich seinen Wertgutsch­ein auszahlen zu lassen, kann Schwierigk­eiten bekommen. Denn bei den Unternehme­n existieren dafür unterschie­dliche Regeln. Beim Veranstalt­er TUI heißt es zum Beispiel, wenn der Gutschein bis Ende dieses Jahres nicht eingelöst werde oder wer früher sein Geld zurückhabe­n wolle, erhalte „die bisher geleistete Zahlung in vollem Umfang zurück“. Easyjet gibt dagegen an, Wertgutsch­eine seien ab dem Ausstellun­gsdatum lediglich für zwölf Monate gültig und dann nicht mehr einlösbar.

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Foto: ©paffy/ shuttersto­ck. com Bleibt 2021 der Koffer leer? Die Reisebranc­he sieht Chancen auf Buchungen.
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Foto: Christin Klose/dpa Urlaub ohne Einschränk­ungen: Wie lange müssen wir darauf noch warten?

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