Wenn die Elefantenkartoffel im Hals brennt
Falsche Zubereitung, keine Zulassung: Eine indische Spezialität wird zum Fall fürs Fellbacher Labor.
Stuttgart. Nicht alles, was Kartoffel heißt, lässt sich einfach zubereiten. Zum Beispiel die Elefantenkartoffel (Amorphophallus paeoniifolius) aus der Familie der Aronstabgewächse, eine Verwandte der Titanwurz. Was schon verdächtig ist: Die Titanwurz, in der Stuttgarter Wilhelma zu besichtigen, blüht nur alle paar Jahre für eine Nacht – und stinkt dabei ganz fürchterlich.
Eine frische Elefantenkartoffel stinkt nicht, die Knollen sind sehr nahrhaft, bis zu neun Kilo schwer und werden in der südasiatischen Küche, besonders der indischen, gern serviert.
Schälen und Kochen reichen aber nicht. Eine Vorbehandlung ist nötig. Das wissen Elefantenkartoffel-fans
in Indien, aber nicht jeder Baden-württemberger. Ein Hobbykoch aus dem Südwesten, der sich das kartoffelähnliche Gemüse im Supermarkt gekauft hatte, schaltete die Behörden ein, weil er schon beim Zubereiten ein leichtes Brennen an den Händen gespürt hatte. Beim Essen brannte es dann in Mund und Hals.
Als Beweismittel packte er den Rest der Elefantenkartoffel ein und brachte sie den Lebensmittelkontrolleuren vorbei. Die Probe kam ins Zentrallabor für frisches Obst und Gemüse des Landes beim Chemischen und Veterinäruntersuchungsamt Stuttgart (CVUA) und dort unters Mikroskop. Ergebnis: Ursache der starken Haut- und Schleimhautreizungen sind kleine kristalline Calciumoxalat-kristallnadeln, Raphiden genannt, die sich in und auf der Elefantenkartoffel finden.
Die Oxalsäure in den Raphiden kennt man vom Rhabarber, der nicht roh, sondern gekocht gegessen werden soll. Die Säure ist wenig hitzestabil, verschwindet zum Großteil beim Kochen. Indische Profis raten zum Tragen von Gummihandschuhen oder zum Einreiben der Hände mit Fett, bevor man sich ans Schneiden macht. Zum Neutralisieren der Raphiden muss die geschnittene Knolle dann in Tamarindenwasser oder Buttermilch eingeweicht werden, bevor sie in den Kochtopf kommt.
Labor-fall: Der nicht verspeiste Teil der Elefantenkartoffel.
„Das war schon ein ungewöhnlicher Fall, so was hat man nicht jeden Tag auf dem Labortisch“, sagt Leonie Moser, die mit ihren
Kolleginnen und Kollegen der Cvua-abteilung „Rückstände und Kontaminanten“den Fall geklärt hat.
Wo die Monsterkartoffel gekauft wurde, durfte Moser nicht sagen. Der Supermarkt dürfte aber Ärger bekommen haben, weil die Elefantenkartoffel nicht auf der Eu-liste der neuartigen Lebensmittel steht. So wurde sie als „nicht sicher“eingestuft. „Wahrscheinlich wussten die Verkäufer nicht, dass eine Zulassung nötig ist“, sagt die Lebensmittelchemikerin. Möglich sei der amtliche Segen für ein nur regional bekanntes Lebensmittel schon. Es kann ja nicht schaden, dann eine Anleitung zur Zubereitung mitzugeben.