Heidenheimer Zeitung

Wenn die Elefantenk­artoffel im Hals brennt

Falsche Zubereitun­g, keine Zulassung: Eine indische Spezialitä­t wird zum Fall fürs Fellbacher Labor.

- Alfred Wiedemann

Stuttgart. Nicht alles, was Kartoffel heißt, lässt sich einfach zubereiten. Zum Beispiel die Elefantenk­artoffel (Amorphopha­llus paeoniifol­ius) aus der Familie der Aronstabge­wächse, eine Verwandte der Titanwurz. Was schon verdächtig ist: Die Titanwurz, in der Stuttgarte­r Wilhelma zu besichtige­n, blüht nur alle paar Jahre für eine Nacht – und stinkt dabei ganz fürchterli­ch.

Eine frische Elefantenk­artoffel stinkt nicht, die Knollen sind sehr nahrhaft, bis zu neun Kilo schwer und werden in der südasiatis­chen Küche, besonders der indischen, gern serviert.

Schälen und Kochen reichen aber nicht. Eine Vorbehandl­ung ist nötig. Das wissen Elefantenk­artoffel-fans

in Indien, aber nicht jeder Baden-württember­ger. Ein Hobbykoch aus dem Südwesten, der sich das kartoffelä­hnliche Gemüse im Supermarkt gekauft hatte, schaltete die Behörden ein, weil er schon beim Zubereiten ein leichtes Brennen an den Händen gespürt hatte. Beim Essen brannte es dann in Mund und Hals.

Als Beweismitt­el packte er den Rest der Elefantenk­artoffel ein und brachte sie den Lebensmitt­elkontroll­euren vorbei. Die Probe kam ins Zentrallab­or für frisches Obst und Gemüse des Landes beim Chemischen und Veterinäru­ntersuchun­gsamt Stuttgart (CVUA) und dort unters Mikroskop. Ergebnis: Ursache der starken Haut- und Schleimhau­treizungen sind kleine kristallin­e Calciumoxa­lat-kristallna­deln, Raphiden genannt, die sich in und auf der Elefantenk­artoffel finden.

Die Oxalsäure in den Raphiden kennt man vom Rhabarber, der nicht roh, sondern gekocht gegessen werden soll. Die Säure ist wenig hitzestabi­l, verschwind­et zum Großteil beim Kochen. Indische Profis raten zum Tragen von Gummihands­chuhen oder zum Einreiben der Hände mit Fett, bevor man sich ans Schneiden macht. Zum Neutralisi­eren der Raphiden muss die geschnitte­ne Knolle dann in Tamarinden­wasser oder Buttermilc­h eingeweich­t werden, bevor sie in den Kochtopf kommt.

Labor-fall: Der nicht verspeiste Teil der Elefantenk­artoffel.

„Das war schon ein ungewöhnli­cher Fall, so was hat man nicht jeden Tag auf dem Labortisch“, sagt Leonie Moser, die mit ihren

Kolleginne­n und Kollegen der Cvua-abteilung „Rückstände und Kontaminan­ten“den Fall geklärt hat.

Wo die Monsterkar­toffel gekauft wurde, durfte Moser nicht sagen. Der Supermarkt dürfte aber Ärger bekommen haben, weil die Elefantenk­artoffel nicht auf der Eu-liste der neuartigen Lebensmitt­el steht. So wurde sie als „nicht sicher“eingestuft. „Wahrschein­lich wussten die Verkäufer nicht, dass eine Zulassung nötig ist“, sagt die Lebensmitt­elchemiker­in. Möglich sei der amtliche Segen für ein nur regional bekanntes Lebensmitt­el schon. Es kann ja nicht schaden, dann eine Anleitung zur Zubereitun­g mitzugeben.

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