Der Kampf mit der Kerze
Nach überstandener Infektion gehen Spitzensportler teils ungewöhnliche Wege, um die alte Leistungsfähigkeit wieder zu erlangen.
Eine kleine Kerze kostet Ringer-weltmeister Frank Stäbler die letzte Kraft. Aus etwas mehr als einem Meter Entfernung versucht er, das Teelicht auszupusten, das Atemtrainer Yasin Seiwasser auf der ausgestreckten Hand hält. Dreimal flackert es nur, im vierten Versuch klappt es. Es ist eine von vielen Übungen, die Stäbler in den vergangenen Wochen für sich entdeckt hat und die verdeutlichen, wie viel Geduld sein Weg zurück zu alter Stärke erfordert. Nach seiner Corona-infektion im Oktober kämpft der 31-Jährige ums Comeback - und um seinen Traum von Olympia-gold bei den Spielen in Tokio im Sommer. Der Schwabe ist nicht das einzige deutsche Sportass, das schon mit dem Virus zu kämpfen hatte. Handball-weltmeister Johannes Bitter oder Fußball-nationalspieler Ilkay Gündogan sind nur zwei von weiteren prominenten Beispielen.
Aber Ausnahmeringer Stäbler litt extrem unter seiner Infektion. Mehr als 20 Prozent seiner Leistungsfähigkeit habe er eingebüßt, berichtete er nach einem Test im November. Eine medikamentöse Behandlung lehnte er ab, stattdessen engagierte er seinen alten Kumpel Seiwasser als Atemtrainer. Mehr als eine Stunde Atemtraining pro Tag hat er in den vergangenen Wochen zu seinem normalen Programm im Trainingszentrum auf dem elterlichen Hof dazu gepackt. Die Übungen waren für den Kampfsportler zunächst ungewohnt. Liegestütze oder Bankdrücken mit zugeklebtem Mund gehören dazu. Oder Luftanhalten, was Stäbler anfangs nur 24 Sekunden lang schaffte, später dann aber schon zwei Minuten.
Durch die sogenannte Poweratmung, bei der Stäbler 180 Atemzüge pro Minute macht, hat er sogar zwei Kilogramm abgenommen. „Es ist, als ob du joggen gehst“, sagte Coach Seiwasser, der sich wundert, dass „spezielles Atemtraining im Hochleistungssport noch nicht allzu weit verbreitet ist“. Stäbler jedenfalls hilft es. „Das Vertrauen, meine alte
Stärke wieder zu erreichen oder womöglich noch stärker zu werden, ist voll da“, betonte Stäbler. Bei der EM in Polen im April will er es beweisen. Es wird sein vorletztes Turnier. Bei Olympia will er seinen erfolgreichen Kampf gegen Corona und seine Karriere dann krönen.
Dass das Virus auch an Spitzensportlern nicht spurlos vorbeizieht, zeigten neben Stäbler noch andere Beispiele. Fußballer
Gündogan klagte nach seiner Infektion im Herbst über Fieber, Glieder-, Hals- und Kopfschmerzen, dazu Geschmacksverlust. „Es war körperlich extrem anstrengend“, berichtete er. Ich hatte das Gefühl, dass mein Immunsystem komplett runterfährt.“Doch der Mittelfeldmann von Manchester City spielt längst wieder. Genau wie Handballer Johannes Bitter. Der Torhüter vom TVB Stuttgart erkrankte vor zwei Monaten. Am