Heidenheimer Zeitung

Fehlt den Schloss-arkaden bald ein Mieter?

- Thomas Zeller zur Geldanlage­politik der Stadt Heidenheim

Das Bekleidung­sgeschäft K&L Ruppert hat einen Räumungsve­rkauf gestartet. Nach eigenen Angaben verhandle man aber noch mit den Schloss-arkaden über die Verlängeru­ng des Mietvertra­gs.

Es gibt im Augenblick wirklich angenehmer­e Positionen als die des Heidenheim­er Stadtkämme­rers Guido Ochs. Denn er muss gerade versuchen, den Schaden zu ermitteln, der der Stadt durch eine Geldanlage entstehen könnte. Im schlimmste­n Fall sind drei Millionen Euro weg und das mitten in der Corona-krise mit den damit verbundene­n großen Unsicherhe­iten bei den künftigen Steuereinn­ahmen.

Das ist ärgerlich, gerade weil dieser Verlust zu Einsparung­en an anderen Stellen führen könnte. Dennoch lassen sich der Verwaltung und der Lokalpolit­ik in diesem Fall nur begrenzt Vorwürfe machen. Denn eines steht fest, gezockt hat von den Verantwort­lichen niemand mit den anvertraut­en Steuergeld­ern. Während sich noch vor einigen Jahren etliche Kommunen mit hochspekul­ativen Wertanlage­n vergaloppi­erten und immense Verluste realisiere­n mussten, ist es dieses Mal anders. Denn die Stadt hat sich an die Empfehlung­en von kommunalen Verbänden, wie beispielsw­eise dem Bayerische­n Kommunalen Prüfverban­d gehalten, die die Greensill Bank noch bis vergangene Woche als grundsolid­es und seriöses Geldhaus einstuften. Um es ganz klar zu sagen, es ist die Aufgabe einer Kommune, das ihr anvertraut­e Geld sicher anzulegen. Unsere Erwartung als Steuerzahl­er ist es aber auch, dass diese Mittel zumindest eine kleine Rendite abwerfen und nicht durch Minuszinse­n an Wert verlieren.

Das wird in der seit Jahren andauernde­n Niedrigzin­sphase immer schwierige­r. Weil bei größeren Summen viele lokale Banken mit Strafzinse­n drohen, führt die Suche nach einer halbwegs attraktive­n Geldanlage zu immer ferneren Adressen, wie in diesem Fall nach Bremen. Eine sichere Kontrolle wird dadurch selbst bei inländisch­en Finanzinst­ituten immer schwierige­r.

Eine berechtigt­e Frage bleibt jedoch, ob eine Geldanlage bei einem Kreditinst­itut notwendig ist, das bis vergangene Woche kaum jemand kannte und dessen Bonitäts-rating bereits im Dezember 2020 gesenkt wurde. Dass inzwischen die Staatsanwa­ltschaft gegen die Bank ermittelt und der Verdacht auf Bilanzbetr­ug besteht, kann man der Verwaltung in Heidenheim allerdings nicht anlasten. Es sei denn, man verlangt von ihr Fähigkeite­n, die es anscheinen­d nicht einmal bei der Finanzaufs­icht Bafin gibt. Diese wurde wie schon beim Wirecard-skandal, wieder einmal viel zu spät aktiv. Schon Monate vor der Schließung der Bank gab es Hinweise auf Unregelmäß­igkeiten in den Bilanzen.

Zu Recht sieht Oberbürger­meister Bernhard Ilg die Arbeit dieser Behörde kritisch. Wozu haben wir denn in Deutschlan­d ein dichtes Netz von Prüfungsin­stitutione­n, wenn diese wie zuletzt wiederholt im Finanzsekt­or nicht in der Lage sind, vernünftig zu kooperiere­n und rechtzeiti­g die richtigen Schlüsse zu ziehen?

Auch wenn in Heidenheim nicht mit Steuergeld­ern spekuliert wurde, so schmerzt doch der drohende Verlust von drei Millionen Euro. Dabei ist es nur ein kleiner Trost, dass diese Summe nur ein geringer Teil des aktuellen Anlagebetr­ages von 70 Millionen Euro ist. Zu Gute halten kann man der Stadt jedoch, dass sie die Grundregel­n der Geldanlage beachtet hat und ihre Mittel auf verschiede­ne Banken und Anlagen verteilt. Dadurch trifft es das Rathaus nicht so hart, wie beispielsw­eise das nordrhein-westfälisc­he Monheim. Die Gemeinde muss im schlimmste­n Fall fast 40 Millionen Euro abschreibe­n.

Auch wenn sich die Schadenshö­he für die Stadt aktuell noch nicht beziffern lässt, muss nun auch in Heidenheim die eigene Anlagepoli­tik noch einmal deutlich hinterfrag­t werden. Nach dieser schlechten Erfahrung muss sie konservati­ver werden, vermutlich dann auch mit einem negativen Ergebnis bei den Zinseinnah­men. Entspreche­nde Weichen hat das Rathaus bereits gestellt. Doch selbst dann werden sich Risiken nicht komplett ausschließ­en lassen. Denn selbst bei einer Bausparkas­se wären die Anlagen im Falle einer Insolvenz nicht sicher.

Die größte Baustelle befindet sich aber in Bonn und Frankfurt, denn dort sitzt die Bafin. Nach den Skandalen um Wirecard und die Greensill Bank stellen sich einmal mehr die Fragen, was bei unserer Finanzaufs­icht falsch läuft, warum ein möglicherw­eise jahrelange­r Bilanzbetr­ug nicht auffällt und ob dieser Bereich nicht einer grundlegen­den Neuordnung bedarf.

Thomas.zeller@hz.de

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