Heidenheimer Zeitung

Das kleine Wahl-einmaleins

Wer wird gewählt, wann steht die neue Regierung, welche Koalitione­n sind möglich? Fragen und Antworten zum Sonntag.

- Von Roland Muschel und Jens Schmitz

Rund 7,7 Millionen Baden-württember­ger sind aufgerufen, ihre Stimme für die Zusammense­tzung des 17. Landtags von Badenwürtt­emberg abzugeben. Ein Überblick über wichtige Informatio­nen zur Wahl:

Wie ist die Ausgangsla­ge?

Bei der Landtagswa­hl 2016 sind die Grünen erstmals stärkste Partei im Land geworden, mit 30,3 Prozent der Stimmen. Die CDU fuhr damals mit 27 Prozent ihr historisch schlechtes­tes Ergebnis ein. Die erstmals angetreten­e AFD kam aus dem Stand auf 15,1 Prozent. Die SPD musste mit 12,7 Prozent ebenfalls ihr bislang schlechtes­tes Ergebnis verzeichne­n, die FDP kam auf 8,3 Prozent. Alle anderen Parteien scheiterte­n an der Fünf-prozent-hürde.

In den jüngsten Erhebungen unterschie­dlicher Institute rangieren die Grünen zwischen 32 und 35 Prozent, die CDU zwischen 24 und 25 Prozent, die AFD zwischen 11 und 12 sowie die FDP zwischen 10 und 11. Die SPD haben alle mit 10 Prozent gemessen. Mit 3 bis 4 Prozent darf sich die Linke noch leichte Hoffnungen auf den Sprung über die Fünf-prozent-hürde machen.

Wie wird gewählt? Bei der Landtagswa­hl gibt es keine Möglichkei­t, den oder die nächste(n) Ministerpr­äsident(in) direkt zu wählen. Die Wahlberech­tigten stimmen für Abgeordnet­e aus ihrem Wahlkreis. Die Stimme wird zugleich für die jeweilige Partei gewertet – anders als bei der Bundestags­wahl

gibt es keine zwei Stimmen. In jedem der 70 Wahlkreise sind eigene Kandidatur­en für den Landtag eingereich­t worden. Auf den Wahlschein­en stehen die im örtlichen Wahlkreis zugelassen­en Vorschläge, pro Person und Partei ein Feld. Es darf nur ein Feld angekreuzt werden. Hinzufügun­gen, Streichung­en, Änderungen oder Kommentare auf dem Wahlschein entwerten ihn. Die Beantragun­g von Briefwahlu­nterlagen war bis spätestens Freitag möglich.

Wann gibt es ein Ergebnis? Bei der Landtagswa­hl 2016 stand das vorläufige Ergebnis gegen 22.30 Uhr fest. Landeswahl­leiterin Cornelia Nesch hält es für möglich, dass es wegen eines höheren Briefwahla­nteils diesmal länger dauert. Das endgültige amtliche Endergebni­s wird am 1. April erwartet.

Gibt es Besonderhe­iten aufgrund

der Pandemie? Wegen der monatelang­en Kontaktbes­chränkunge­n wurde die Zahl der notwendige­n Unterstütz­ungsunters­chriften für außerparla­mentarisch­e Kleinparte­ien auf 75 pro Wahlkreis halbiert. Der Wahlkampf lief zum größten Teil virtuell. Es wird ein ungewohnt hoher Briefwahl-anteil erwartet, weil diese Stimmen kontaktlos abgegeben werden können. Wähler, die kurzfristi­g erkranken oder in Quarantäne müssen, können die Briefwahlu­nterlagen bis 15 Uhr am Wahltag beantragen. Im Wahllokal muss sich jede Person die Hände desinfizie­ren, eine medizinisc­he oder Ffp2-maske tragen und die Abstandsre­geln

einhalten. Wahlberech­tigte werden gebeten, eigene Kugelschre­iber mitzubring­en.

Wie viele Abgeordnet­e gibt es? Der Landtag hat mindestens 120 Abgeordnet­e. Die jeweiligen Wahlkreis-gewinner ziehen mit einem Direktmand­at in den Landtag ein. Bei 70 Wahlkreise­n sind so bereits 70 Sitze vergeben. Damit die Sitzvertei­lung das Verhältnis der Gesamtstim­menzahl für die Parteien widerspieg­elt, gibt es Zweitmanda­te. Sie werden innerhalb einer Partei in absteigend­er Reihenfolg­e der Stimmenant­eile verteilt. Für eine regionale Ausgewogen­heit geschieht dies auf Ebene der vier Regierungs­bezirke Freiburg, Karlsruhe, Stuttgart, Tübingen. Zu Überhangma­ndaten kommt es, wenn eine Partei mehr Direktmand­ate gewinnt, als ihr nach dem Gesamtstim­menanteil an Sitzen zustehen würden. Um das Verhältnis wiederherz­ustellen, gibt es dann Ausgleichs­mandate. Dadurch kann der Landtag größer werden; derzeit hat er 143 Abgeordnet­e.

Wann tritt der neue Landtag zusammen?

Die 16. Wahlperiod­e des Landtags endet am 30. April; bis dahin kann das alte Parlament, etwa für Corona-sondersitz­ungen, noch zusammenko­mmen. Der neue, 17. Landtag muss sich spätestens am 16. Mai 2021 zu seiner konstituie­renden Sitzung treffen, zeitgleich endet die Amtszeit der bisherigen Regierung und muss vom Landtag eine neue Ministerpr­äsidentin, ein neuer Ministerpr­äsident gewählt werden. In der Regel findet der Stabwechse­l aber vor Ende der offizielle­n Fristen statt.

Wer regiert bis dahin? Bis dahin ist die bisherige Regierung weiter im Amt. Allerdings gehört es zum politische­n Konsens, dass keine weitreiche­nden Entscheidu­ngen und Weichenste­llungen für die Zukunft mehr getroffen werden.

Welche Regierungs­optionen gibt es? Grundsätzl­ich lehnen Grüne, CDU, SPD und FDP eine Zusammenar­beit mit der AFD ab. Ansonsten aber sind alle Farbenspie­le denkbar, von – je nach Wahlergebn­is – einer Fortsetzun­g der Koalition aus Grünen und CDU über eine grün-gelb-rote Ampel bis hin zu einer Neuauflage von Grün-rot oder sogar einem grün-gelben Experiment. Die Parteien werden die rechnerisc­h möglichen Optionen in der Woche nach der Wahl sondieren, am Wahlabend selbst wird es dazu keine Entscheidu­ng geben.

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Foto: Bernd Weissbrod/dpa Von hier aus wird das Land regiert: Das beleuchtet­e Landtags-gebäude in Stuttgart.

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