Handel will sofortige Öffnung
Verband sieht keine Gefahr für Ansteckungen – und auch keinen Einkaufstourismus im Südwesten.
Stuttgart. Der Handelsverband Baden-württemberg (HBW) fordert von der Landesregierung die sofortige Öffnung des Einzelhandels. Die derzeitigen Beschränkungen seien unverhältnismäßig und verstießen gegen das Grundgesetz, sagte Hauptgeschäftsführerin Sabine Hagmann am Freitag bei einer Online-pressekonferenz. Sie verwies auf die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes, das am Mittwoch die dortige Corona-verordnung gekippt hatte. Das Gericht sah keine Rechtfertigung mehr dafür, dass einzelne Branchen ungleich behandelt werden.
Sollte sich die Landesregierung gegen die sofortige Öffnung entscheiden, erwartet der HBW, das Händler bei einer Sieben-tage-inzidenz von unter 100 öffnen dürfen. Bisher ist es ihnen bei einer Inzidenz unter 50 erlaubt. Außerdem solle der Wechsel von Click & Collect zu Click & Meet bei einer Inzidenz von unter 200 erlaubt werden, statt wie bislang bei unter 100. Der Ravensburger Mode- und Sportartikelhändler Roland Reischmann, Mitbegründer
der Initiative „Handel steht zusammen“, sagte: „Die Sorge, dass Einkaufstourismus zur Ansteckung führt, ist völlig unbegründet. Wir haben das Feedback bekommen, das kein Mitarbeiter sich angesteckt hat“, sagte der Familienunternehmer der an seinen Standorten Ulm, Ravensburg, Memmingen und Kempten mehr
Sabine Hagmann, Hauptgeschäftsführerin des HBW. als 800 Mitarbeiter beschäftigt.
Er sprach sich dafür aus, dass die Inzidenz-werte nicht mehr als Maßstab genommen werden, ob Geschäfte öffnen dürfen. Auch Verbandspräsident Hermann Hutter betonte: „Im Handel gibt es keine Ansteckungen“. Der Verband fordert auch eine schnellere Auszahlung der staatlichen Überbrückungshilfen. Zudem brauche es „eine verlässliche Zukunftsstrategie“für den Einzelhandel und die Innenstädte.
100 000 Stellen in Gefahr
Bei einer Umfrage unter Verbandsmitgliedern gaben zwölf Prozent der Händler an, große Sorgen Existenzsorgen zu haben. „Im schlimmsten Fall stünden 12 000 Einzelhändler in BadenWürttemberg vor dem wirtschaftlichen Aus“, sagte Hagmann auf Nachfrage dieser Zeitung. Nach ihren Worten sind bis zu 100 000 Arbeitsplätze in Baden-württemberg in Gefahr. Insgesamt arbeiten in der Branche im Südwesten rund 500 000 sozialversicherungspflichtige Beschäftigte.