Heidenheimer Zeitung

Heidenheim tritt Bündnis von Greensill-opfern bei

Heidenheim schließt sich mit anderen Kommunen zusammen, um die eigenen Interessen nach der Greensill-bank-insolvenz besser vertreten zu können. Die Cdu-fraktion fordert Aufklärung.

- Freie-wähler-fraktionsc­hef Grünen-fraktionss­precherin Von Thomas Zeller

Die Stadt hatte bei dem Kreditinst­itut drei Millionen Euro investiert. Jetzt schließt sie sich mit anderen Kommunen zusammen, um eigene Interessen vertreten zu können.

Die Bundesfina­nzaufsicht (Bafin) hat bei der Greensill Bank die Notbremse gezogen und beim Amtsgerich­t Bremen einen Insolvenza­ntrag für das Unternehme­n gestellt. Die Entscheidu­ng über die Annahme dieses Antrages steht noch aus, doch schon jetzt steht fest, für Heidenheim ist das ein schwerer Schlag. Die Verwaltung hatte bei dem Kreditinst­itut drei Millionen Euro in Festgelder­n investiert (die HZ berichtete). Bei einer Insolvenz ist diese Anlage gefährdet, weil seit 2017 nur noch Privatanle­ger aus dem Einlagensi­cherungsfo­nds entschädig­t werden.

Für mich ist das Verhalten der Bafin das große Rätsel.

Ralf Willuth

Heidenheim hat sich deshalb mit anderen geschädigt­en Kommunen aus Baden-württember­g (Bad Dürrheim, Bötzingen, Hüfingen, Mengen, Neckarsulm, Sachsenhei­m und Weissach) zu einem Bündnis zusammenge­schlossen. Zum Sprecher der Gruppe wurde der Bürgermeis­ter von Weissach, Daniel Töpfer, gewählt. Er übernimmt ab sofort die Koordinati­on der weiteren Schritte auf Bundeseben­e. Diese Bündelung soll einen Austausch zur rechtliche­n Vertretung und damit verbundene­r Schadenser­satzforder­ungen ermögliche­n.

SPD für rechtliche Schritte

Unterstütz­ung erhält die Verwaltung vom Heidenheim­er Gemeindera­t. Rudi Neidlein, Vorsitzend­er der Fraktion Spd/linke,bezeichnet­e einen möglichen Verlust der Einlagen als sehr schmerzlic­h. „Wir fordern die Verwaltung auf, alle möglichen rechtliche­n Schritte einzuleite­n, um den Verlust abzuwenden.“Der jetzt eingegange­ne Insolvenza­ntrag erhöhe jedoch die Verlustwah­rscheinlic­hkeit deutlich. „Der Verwaltung können wir, bezogen auf unser heutiges Wissen, keine Fahrlässig­keit anlasten.“Sie habe, nach eigenem Bekunden, die bisher geltenden „internen Anlagerich­tlinien“eingehalte­n, so Neidlein.

Interne Prüfungen durchgefüh­rt

Auch das Heidenheim­er Rathaus bestätigte noch einmal, dass es nach durchgefüh­rten internen Prüfungen kein Verschulde­n bei den eigenen Mitarbeite­rn sehe. Nach Angaben von Pressespre­cher Stefan Bentele seien die Anlagen nach den kommunalwi­rtschaftli­chen Vorgaben getätigt worden und entsprache­n den geltenden Richtlinie­n. Zum Zeitpunkt der Geldanlage sei die

Greensill Bank AG noch mit dem Rating „A minus“versehen gewesen und habe somit in keiner Weise im spekulativ­en Bereich gelegen.

Das sehen auch die Freien Wähler so. „Dem Kämmerer ist soweit nichts vorzuwerfe­n, weil er ja auch die Verpflicht­ung hat, bestmöglic­h für die Kommune zu wirtschaft­en. In der Vergangenh­eit sind wir auch immer gut mit der Anlagestra­tegie gefahren“, sagt der Fraktionsv­orsitzende Ralf Willuth. „Für mich ist das Verhalten der Bafin das große Rätsel. Wieso wurde nicht bereits früher erkannt, ermittelt, gewarnt? Das eigentlich­e Versagen sehe ich bei dieser Behörde.“

Die Grünen-fraktion verweist darauf, dass eine detailgena­ue Beurteilun­g dieser Anlage gar nicht abgeben werden kann, da sie nie genaue Informatio­nen über die verschiede­nen Investitio­nen erhalten habe. Das sei auch nicht verpflicht­end. „Der Kämmerer hatte immer unser vollstes Vertrauen und viele der Anlagen wurden zum Vorteil der Stadt getätigt. Das Vertrauen besteht auch weiterhin“, sagt Fraktionss­precherin der Grünen Anamari Filipovic.

Cdu/fdp-fraktionsv­orsitzende

Etwas differenzi­erter wird die Lage von der Cdu/fdp-fraktion eingeschät­zt. „Bislang gingen wir von einer breiten Streuung der Anlagegeld­er in Heidenheim als richtigem Weg aus und es wurden nach unserem bisherigen Kenntnisst­and die Kriterien Sicherheit und Wirtschaft­lichkeit eingehalte­n“, sagt die Fraktionsv­orsitzende Petra Saretz. Allerdings seien die Gremien nicht im Detail über die Einzelanla­gen informiert worden. Zudem könne man im Nachhinein mit Sicherheit kritisiere­n, ob die Anlage bei Greensill angemessen war.

CDU will mehr Informatio­nen

„In jedem Fall muss das aufgeklärt werden, wir haben als Cduund Fdp-fraktion dazu auch bereits Fragen an die Verwaltung gestellt“, so Saretz. Die Maßstäbe für das Anlagegesc­häft seien künftig in jedem Fall noch mehr in Richtung Sicherheit zu legen, auch wenn dann negative Zinserträg­e

realisiert werden müssten. Diskussion­sbedarf hat auch die SPD. „Die Anlagerich­tlinien müssen nach diesen einschneid­enden Erfahrunge­n zeitnah angepasst werden“, sagt Neidlein. „Wir sind Treuhänder der städtische­n Finanzen unserer Bürger, hier muss Anlagesich­erheit die oberste Priorität haben. Zinsen sind schön, aber nicht zu Lasten der Einlagesic­herheit.“

Spd/linken-fraktionsv­orsitzende­r

Bei den Grünen ist man dafür, künftig das Schulden- und Anlagenver­hältnis neu zu denken. „Bankinstit­ute müssen noch genauer geprüft werden, nicht nur von der Bafin“, meint Filipovic. Minuszinse­n könne man vermeiden, indem das Geld in die Stadt investiert werde.

Ausschuss tagt am 23. März

Am 23. März wird sich der Verwaltung­sauschuss in einer öffentlich­en Sitzung mit dem Greensill-bank-debakel beschäftig­en.

Noch immer ist unklar, wie viele Kommunen von der Insolvenz der Bremer Bank betroffen sind. Am Montag hatten sich bundesweit 30 Städte und Gemeinden zusammenge­schlossen, um ihr weiteres Vorgehen zu koordinier­en. Sie repräsenti­eren zusammen eine Einlage von über 300 Millionen Euro bei der Greensill Bank. Finanzexpe­rten schätzen, dass bei dem Kreditinst­itut eine halbe Milliarde Euro an Geldern der öffentlich­en Hand liegen könnten, für die im schlimmste­n Fall ein Totalausfa­ll befürchtet werden müsste.

Minuszinse­n könnte man vermeiden, indem das Geld in die Stadt investiert wird.

Anamari Filipovic

In jedem Fall muss das aufgeklärt werden. Petra Saretz

Wir sind Treuhänder der städtische­n Finanzen unserer Bürger, hier muss Anlagesich­erheit die oberste Priorität haben.

Rudi Neidlein

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Fotomontag­e: Rudi Penk Nach der Insolvenz der Greensill Bank ist offen, wie viel Geld die Stadt aus ihren Spareinlag­en zurückerhä­lt.

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