Heidenheim tritt Bündnis von Greensill-opfern bei
Heidenheim schließt sich mit anderen Kommunen zusammen, um die eigenen Interessen nach der Greensill-bank-insolvenz besser vertreten zu können. Die Cdu-fraktion fordert Aufklärung.
Die Stadt hatte bei dem Kreditinstitut drei Millionen Euro investiert. Jetzt schließt sie sich mit anderen Kommunen zusammen, um eigene Interessen vertreten zu können.
Die Bundesfinanzaufsicht (Bafin) hat bei der Greensill Bank die Notbremse gezogen und beim Amtsgericht Bremen einen Insolvenzantrag für das Unternehmen gestellt. Die Entscheidung über die Annahme dieses Antrages steht noch aus, doch schon jetzt steht fest, für Heidenheim ist das ein schwerer Schlag. Die Verwaltung hatte bei dem Kreditinstitut drei Millionen Euro in Festgeldern investiert (die HZ berichtete). Bei einer Insolvenz ist diese Anlage gefährdet, weil seit 2017 nur noch Privatanleger aus dem Einlagensicherungsfonds entschädigt werden.
Für mich ist das Verhalten der Bafin das große Rätsel.
Ralf Willuth
Heidenheim hat sich deshalb mit anderen geschädigten Kommunen aus Baden-württemberg (Bad Dürrheim, Bötzingen, Hüfingen, Mengen, Neckarsulm, Sachsenheim und Weissach) zu einem Bündnis zusammengeschlossen. Zum Sprecher der Gruppe wurde der Bürgermeister von Weissach, Daniel Töpfer, gewählt. Er übernimmt ab sofort die Koordination der weiteren Schritte auf Bundesebene. Diese Bündelung soll einen Austausch zur rechtlichen Vertretung und damit verbundener Schadensersatzforderungen ermöglichen.
SPD für rechtliche Schritte
Unterstützung erhält die Verwaltung vom Heidenheimer Gemeinderat. Rudi Neidlein, Vorsitzender der Fraktion Spd/linke,bezeichnete einen möglichen Verlust der Einlagen als sehr schmerzlich. „Wir fordern die Verwaltung auf, alle möglichen rechtlichen Schritte einzuleiten, um den Verlust abzuwenden.“Der jetzt eingegangene Insolvenzantrag erhöhe jedoch die Verlustwahrscheinlichkeit deutlich. „Der Verwaltung können wir, bezogen auf unser heutiges Wissen, keine Fahrlässigkeit anlasten.“Sie habe, nach eigenem Bekunden, die bisher geltenden „internen Anlagerichtlinien“eingehalten, so Neidlein.
Interne Prüfungen durchgeführt
Auch das Heidenheimer Rathaus bestätigte noch einmal, dass es nach durchgeführten internen Prüfungen kein Verschulden bei den eigenen Mitarbeitern sehe. Nach Angaben von Pressesprecher Stefan Bentele seien die Anlagen nach den kommunalwirtschaftlichen Vorgaben getätigt worden und entsprachen den geltenden Richtlinien. Zum Zeitpunkt der Geldanlage sei die
Greensill Bank AG noch mit dem Rating „A minus“versehen gewesen und habe somit in keiner Weise im spekulativen Bereich gelegen.
Das sehen auch die Freien Wähler so. „Dem Kämmerer ist soweit nichts vorzuwerfen, weil er ja auch die Verpflichtung hat, bestmöglich für die Kommune zu wirtschaften. In der Vergangenheit sind wir auch immer gut mit der Anlagestrategie gefahren“, sagt der Fraktionsvorsitzende Ralf Willuth. „Für mich ist das Verhalten der Bafin das große Rätsel. Wieso wurde nicht bereits früher erkannt, ermittelt, gewarnt? Das eigentliche Versagen sehe ich bei dieser Behörde.“
Die Grünen-fraktion verweist darauf, dass eine detailgenaue Beurteilung dieser Anlage gar nicht abgeben werden kann, da sie nie genaue Informationen über die verschiedenen Investitionen erhalten habe. Das sei auch nicht verpflichtend. „Der Kämmerer hatte immer unser vollstes Vertrauen und viele der Anlagen wurden zum Vorteil der Stadt getätigt. Das Vertrauen besteht auch weiterhin“, sagt Fraktionssprecherin der Grünen Anamari Filipovic.
Cdu/fdp-fraktionsvorsitzende
Etwas differenzierter wird die Lage von der Cdu/fdp-fraktion eingeschätzt. „Bislang gingen wir von einer breiten Streuung der Anlagegelder in Heidenheim als richtigem Weg aus und es wurden nach unserem bisherigen Kenntnisstand die Kriterien Sicherheit und Wirtschaftlichkeit eingehalten“, sagt die Fraktionsvorsitzende Petra Saretz. Allerdings seien die Gremien nicht im Detail über die Einzelanlagen informiert worden. Zudem könne man im Nachhinein mit Sicherheit kritisieren, ob die Anlage bei Greensill angemessen war.
CDU will mehr Informationen
„In jedem Fall muss das aufgeklärt werden, wir haben als Cduund Fdp-fraktion dazu auch bereits Fragen an die Verwaltung gestellt“, so Saretz. Die Maßstäbe für das Anlagegeschäft seien künftig in jedem Fall noch mehr in Richtung Sicherheit zu legen, auch wenn dann negative Zinserträge
realisiert werden müssten. Diskussionsbedarf hat auch die SPD. „Die Anlagerichtlinien müssen nach diesen einschneidenden Erfahrungen zeitnah angepasst werden“, sagt Neidlein. „Wir sind Treuhänder der städtischen Finanzen unserer Bürger, hier muss Anlagesicherheit die oberste Priorität haben. Zinsen sind schön, aber nicht zu Lasten der Einlagesicherheit.“
Spd/linken-fraktionsvorsitzender
Bei den Grünen ist man dafür, künftig das Schulden- und Anlagenverhältnis neu zu denken. „Bankinstitute müssen noch genauer geprüft werden, nicht nur von der Bafin“, meint Filipovic. Minuszinsen könne man vermeiden, indem das Geld in die Stadt investiert werde.
Ausschuss tagt am 23. März
Am 23. März wird sich der Verwaltungsauschuss in einer öffentlichen Sitzung mit dem Greensill-bank-debakel beschäftigen.
Noch immer ist unklar, wie viele Kommunen von der Insolvenz der Bremer Bank betroffen sind. Am Montag hatten sich bundesweit 30 Städte und Gemeinden zusammengeschlossen, um ihr weiteres Vorgehen zu koordinieren. Sie repräsentieren zusammen eine Einlage von über 300 Millionen Euro bei der Greensill Bank. Finanzexperten schätzen, dass bei dem Kreditinstitut eine halbe Milliarde Euro an Geldern der öffentlichen Hand liegen könnten, für die im schlimmsten Fall ein Totalausfall befürchtet werden müsste.
Minuszinsen könnte man vermeiden, indem das Geld in die Stadt investiert wird.
Anamari Filipovic
In jedem Fall muss das aufgeklärt werden. Petra Saretz
Wir sind Treuhänder der städtischen Finanzen unserer Bürger, hier muss Anlagesicherheit die oberste Priorität haben.
Rudi Neidlein