Ein Darling der Klassik, der jäh abstürzte
Weltstar der New Yorker Met und Missbrauchsvorwürfe: James Levine ist mit 77 Jahren gestorben.
New York. Das Handtuch für das Klangbad hatte er immer dabei in den Proben. Er trug es über der Schulter wie ein Römer die Toga. Das war sein Markenzeichen. Jimmy, der Sportsmann. James Levine war ein Darling der Künstler, des Publikums und der Plattenindustrie. Und primär war er ein Opernheld. 1971 kam der Lockenschopf aus Cincinnati an die New Yorker Metropolitan Opera, er stieg zum künstlerischen Direktor auf – und dirigierte sagenhafte 2500 Vorstellungen, 85 verschiedene Opern; er formte das Orchester der Met zu einem der weltbesten.
Auch Salzburg und Bayreuth holten ihn, auf dem Grünen Hügel zelebrierte Levine den „Parsifal“und den „Ring des Nibelungen“. Er war bei der Arbeit aber kein Showman: Er dirigierte sehr exakt, forcierte rhythmische Prägnanz, ließ im Konzertrepertoire expressiv die Romantik aufblühen.
Aber dann endete die Karriere jäh: Nach gesundheitlichen Problemen hatte er sich 2016 vom Posten des musikalischen Leiters der Met zurückgezogen. Kurz danach wurden Missbrauchsvorwürfe gegen Levine laut. Eine interne Untersuchung des Opernhauses kam zu dem Schluss, dass er „seinen Ruf und seine Machtposition genutzt hat, um Künstlern nachzustellen und sie zu missbrauchen“– der Dirigent wurde 2018 entlassen, als bis dahin ranghöchster Vertreter der Klassik-welt, der im Zuge der #Metoo-debatte um sexuelle Übergriffe seinen Job verlor. Beide Parteien überzogen sich danach mit millionenschweren Klagen. Eine Aufführung der „Tosca“war im Dezember 2017 Levines letzte Vorstellung an der Met gewesen.
Jetzt ist James Levine im Alter von 77 Jahren im kalifornischen Palm Springs gestorben, und zwar bereits am 9. März, wie ein Sprecher der New Yorker Met der Deutschen Presse-agentur bestätigte. Zuvor hatten mehrere Us-medien unter Berufung auf den Arzt des Dirigenten über Levines Tod berichtet. Die Todesursache war zunächst nicht bekannt.