Alle oder keiner
Abhängig von der Inzidenz könnten ab Montag theoretisch auch Kinos wieder öffnen. Weil das Filmgeschäft anders funktioniert als der Einzelhandel, dürfte das wohl ziemlich sicher nicht geschehen. Auch Autokino wird diesmal kaum Sinn machen.
Ein Jahr vorbei, vier Monate auf, acht Monate zu. Alle Mitarbeiter zu hundert Prozent in Kurzarbeit. Perspektive? Nullkommanull. Im Kino brennt kein Licht. Seit November ist dauerhaft geschlossen. Und eine Öffnung ist nicht in Sicht. Trübe Zeiten, nicht nur in Heidenheim. Der Coronalockdown hat die Leinwände leergefegt.
Und das wird auch noch geraume Zeit so bleiben, meint Ralfchristian Schweizer, der Geschäftsführer der Capitol und Kino-center Heidenheim Gmbh. Denn selbst wenn, wonach es ja derzeit schon wieder gar nicht mehr überall aussieht, der neueste Stufenplan der Politik bei gewissen Inzidenzzahlen ab dem 22. März eine Öffnung auch der Kinos möglich machen würde, werden die wohl zubleiben.
Funktioniert nur flächendeckend
Das hat etwas damit zu tun, wie die Branche funktioniert. „Kino funktioniert anders“, sagt Ralfchristian Schweizer. „Uns kann man nicht mit dem Einzelhandel vergleichen, der womöglich heute öffnen, übermorgen dann schließen und in der Woche danach wieder aufmachen kann, wenn die Inzidenzzahlen danach sind. Wir sind auch keine Kneipen, die in Hamburg geöffnet sein können, aber in Rosenheim geschlossen bleiben. Das Produkt Kino ist darauf angewiesen, flächendeckend arbeiten zu können, denn keine Verleihfirma liefert Kopien fleckchenweise aus, weil nämlich erst verdient wird, wenn der Film in ganz Deutschland, im gesamten deutschsprachigen Raum, gesehen werden kann; und dies auch erst dann, was noch hinzukommt, wenn die Kinos dort vernünftig ausgelastet sind. Solche Bedingungen sehe ich noch lange nicht. Wobei man weiter anmerken könnte, dass die ganz großen Produktionen nicht nur ganz Deutschland, sondern ganz Europa als Markt benötigen. Alle oder keiner, so funktioniert Kino. Und weil das so ist, steht derzeit auch nicht ein Film am Start, weder an Ostern noch an Pfingsten, mit dem ein Kino, selbst wenn man auf die Idee käme, es isoliert zu öffnen, Geld verdienen könnte.“
„Sie wissen nicht, was sie tun“
Perspektive? Fehlanzeige. Und das ist es, was Ralf-christian Schweizer den politischen Entscheidungsträgern in der Corona-krise ankreidet. „Ich will ehrlich sein und gebe deshalb gern zu, dass der größere Teil der versprochenen Staatsgelder geflossen ist, was uns die Chance gibt, als Betrieb noch eine Weile durchzuhalten. Man muss, damit man mich richtig versteht, das Thema Corona auch weiterhin sehr ernst nehmen. Aber auf der anderen Seite hatte die Regierung jetzt ein Jahr Zeit, ein Jahr, in dem kein einziges vernünftiges Konzept entwickelt wurde und stattdessen einzig und allein mithilfe des Pandemiegesetzes am Parlament, an den Bürgern und an der Verhältnismäßigkeit vorbeiregiert worden ist. Sie wissen nicht, was sie wollen, und sie wissen nicht, um einen berühmten Filmtitel zu zieren, was sie tun. Und sie richten damit Schäden an, die zu beheben es eine lange Zeit brauchen wird.“
Apropos ein Jahr Krise und kein Ende. Im vergangenen Jahr bekämpfte Ralf-christian Schweizer die Kinoschließung während des ersten Lockdowns noch mit Autokino in den Heidenheimer Seewiesen.
In fünf Wochen wurden damals von Ende April bis Ende Mai für immerhin 43 Vorstellungen knapp 10 000 Eintrittskarten verkauft, deren Inhaber in 4700 Autos vorfuhren. Rechnet man, dass pro Vorstellung maximal 220 Fahrzeuge Platz vor der Leinwand hatten, dann war im Durchschnitt jeder Film, der im Autokino gezeigt wurde, zur Hälfte ausverkauft.
Kostendeckung kaum möglich
Dieses Jahr wieder? Eher nein. „Das würde wahrscheinlich keinen Sinn machen, denn wir haben seit einem Jahr keine neuen Filme mehr bekommen. 2020 liefen im Autokino ja größtenteils schon die Neustarts. Dieses Jahr aber könnten wir nichts weiter tun, als mehr oder weniger das gleiche Programm anbieten. In der Folge wäre mit Sicherheit die Auslastung geringer, von Kostendeckung bräuchten wir nicht einmal träumen. Wenn sich die Rahmenbedingungen nicht grundlegend ändern, gehe ich davon aus, dass wir nichts machen werden, kein Autokino und auch kein Openair-kino.“