Heidenheimer Zeitung

Lobbyverba­nd oder Sachberate­r?

Der Wirtschaft­srat hat im Cdu-vorstand Zugang und Einfluss. Das löst eine Debatte aus.

- Ellen Hasenkamp

Berlin. Vertrauen, Transparen­z, Verantwort­ung – das sind in der CDU die Gebote der Stunde. Um angesichts von Masken- und Aserbaidsc­han-affäre aus der Defensive zu kommen, haben die Spitzen von Partei und Fraktion in den vergangene­n Tagen umfangreic­he Besserungs­pläne beschlosse­n.

„Dem Vertrauen der Bürgerinne­n und Bürger in die Politik im Allgemeine­n und unserer Partei im Besonderen fühlen wir uns in hohem Maße verpflicht­et“, heißt es zu Beginn des neuen Cdu-verhaltens­kodex. Dabei geht es vor allem um Vorschrift­en für Einzelne. Doch nun hat die Organisati­on Lobbycontr­ol auf ein mögliches strukturel­les Problem der Partei hingewiese­n.

Es gibt in Berlin nämlich eine einflussre­iche und durchaus angesehene Vereinigun­g namens „Wirtschaft­srat der CDU“, in deren Präsidium unter anderem Friedrich Merz sitzt. Anders als der Name suggeriert, handelt es sich aber keinesfall­s um eine Parteiglie­derung, sondern um einen Berufsverb­and, dem nach eigenen Angaben über 12 500 Unternehme­r angehören. „Der Wirtschaft­srat

der CDU e.v. versteht sich als wichtige Stimme für die Soziale Marktwirts­chaft“, teilte ein Sprecher mit. Der Verein vertrete keine Einzelinte­ressen, sondern habe „die Rahmenbedi­ngungen der gesamten Wirtschaft“im Blick.

Lobbycontr­ol dagegen findet, der Wirtschaft­srat sei de facto ein Lobbyverba­nd mit privilegie­rtem Zugang zur Parteispit­ze. Präsidenti­n Astrid Hamker nämlich nimmt qua Amt regelmäßig als Gast an den Sitzungen des Cdu-vorstands teil und hat dort auch Rederecht, was sie dem Vernehmen nach auch nutzt. Gewählt ist sie nicht. „Ein Lobbyverba­nd mit Sitz im Parteivors­tand ist ein Unding“, kritisiert Christina Deckwirth von Lobbycontr­ol.

„Wir fordern die CDU auf, die Macht des Wirtschaft­srats in ihren eigenen Reihen zu beschränke­n.“Die CDU müsse zwischen Lobbyorgan­isation und Parteigrem­ien trennen. Bei den Christdemo­kraten wurde die Konstrukti­on bislang zumindest öffentlich nicht problemati­siert.

Trotz seiner Parteinähe unterliege der Wirtschaft­srat als Berufsverb­and nicht den Transparen­zpflichten von Parteien, zudem profitiere er von Steuervort­eilen, so Lobbycontr­ol. Es dürfe nicht sein, dass ein Lobbyverba­nd seine Finanzieru­ng im Dunkeln halten könne.

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Foto: Jörg Carstensen/dpa Präsidenti­n Astrid Hamker.

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