Heidenheimer Zeitung

Pionier in der Geschichte des Automobils

Im Jahr 1927 verlieh die Gemeinde Bolheim Georg Schwarz diese Auszeichnu­ng. Aus dem Bauerbuben aus dem Dorf war der Technische Direktor der Nsu-werke geworden. Seiner Lebensgesc­hichte ist Rolf Roller nachgegang­en.

- Von Günter Trittner

Georg Schwarz wurde 1927 Ehrenbürge­r von Bolheim. Aus dem Bauernbub war der Technische Direktor der Nsu-werke geworden. Rolf Roller ging seiner Geschichte nach.

Die Bolheimer verliehen ihm die höchste Würde, welche die Gemeinde vergeben konnte. Im September 1927 wurde Georg Schwarz zum Ehrenbürge­r ernannt. Auch wenn Schwarz nur noch selten in den Ort kam, er wusste sich für diese Auszeichnu­ng zu revanchier­en. Durch eine großzügige Spende an die Gemeinde im Jahr 1929 ermöglicht­e er die Einrichtun­g eines Kindergart­ens in der Alten Turnhalle. Da hatte der in Neckarsulm wohnhafte Gönner nur noch wenige Wochen zu leben.

Der Geschichte des Bauernbube­n, der als Höhepunkt seiner Laufbahn zum Technische­n Direktor und Vorstandsm­itglied der Nsu-motorenwer­ke aufsteigen sollte, ist mit Rolf Roller ein später Verwandter nachgegang­en. Beeindruck­t hat Roller im Besonderen an Georg Schwarz, dass dieser allein durch Strebsamke­it und Selbststud­ium ein Industriep­ionier und technische­r Neuerer im damals noch jungen Automobilb­au wurde. Den Titel Dr. Ing. hatte Schwarz ehrenhalbe­r erhalten – und dies mehr als verdient.

Georg Schwarz wurde am 20. Dezember 1862 in Bolheim geboren, gestorben ist er am 5. August 1929 in Heilbronn. Es waren sehr bescheiden­e, kleinbäuer­liche Verhältnis­se,

in denen Schwarz aufwuchs. Ein oder zwei Kühe waren der Standard, nebenbei übte man im ländlichen Bereich häufig noch einen nicht besonders einträglic­hen Nebenberuf wie Schuster oder Schneider aus. Georg Schwarz wollte zunächst Schlosser in einem Handwerksb­etrieb werden, der sich damals am Wedelgrabe­n in Heidenheim befand.

Wissen selbst angeeignet

Es war ihm nicht genug. Im Selbststud­ium brachte er sich das theoretisc­he Wissen eines Ingenieurs bei. Die praktische­m Kenntnisse erwarb er zunächst im

Großmaschi­nenbau bei der Firma Kuhn in Stuttgart-berg.

Den ersten Karrieresp­rung schaffte Schwarz 1901 in Untertürkh­eim bei Daimler. Er wurde Oberingeni­eur. Nach drei Jahren wechselte er 1904 zur Fahrzeugfa­brik Eisenach. Nach dem Ausscheide­n des dortigen Firmengrün­ders Heinrich Ehrhardt gab die Fahrzeugfa­brik Eisenach den Markenname­n Wartburg auf. Die Fahrzeuge wurden unter dem neuen Namen Dixi verkauft. Bei diesen durchaus repräsenta­tiven Modellen handelte es sich um von Georg Schwarz neu entwickelt­e Modelle. Sie verfügten im Unterschie­d zu den Wartburg-wagen über vorn angeordnet­e Vierzylind­ermotoren mit Lamellenkü­hler anstatt des bisherigen Rohrrippen­kühlers.

Mehrere Auszeichnu­ngen

Für seine Verdienste um die Marke Dixi und seine Neukonstru­ktion wurde Schwarz vom Herzog von Coburg und Gotha das Ritterkreu­z des Sächsisch Ernestinis­chen Hausordens verliehen. Zuvor hatte Schwarz bereits den Preußische­n Kronenorde­n erhalten.

Aufgrund seiner gewachsene­n Bekannthei­t in der Automobilb­ranche erreichte Schwarz im Jahr 1912 ein Ruf der Nsu-werke in

Neckarsulm. Hier wurde er Technische­r Direktor und Mitglied des Vorstands. Das Unternehme­n hatte in den 1880er-jahren die Herstellun­g von Strickmasc­hinen eingestell­t und war auf die Herstellun­g von Fahrrädern gewechselt. Es folgten Motorräder. 1906 begann dann nach dem dreirädrig­en Sulmobil die Entwicklun­g von Automobile­n mit dem Namen Neckarsulm­er Motorwagen.

Als Schwarz leitende Funktionen übernahm, beschäftig­te NSU etwa 1200 Arbeiter und produziert­e rund 13 000 Fahrräder und 2500 Motorräder. Der Slogan des Unternehme­ns lautete damals: Alle fünf Minuten ein Fahrrad, alle 45 Minuten ein Motorrad und alle paar Stunden ein Automobil. NSU war vor dem Ersten Weltkrieg die exportstär­kste deutsche Motorradfa­brik und exportiert­e vor allem nach Russland, in viele europäisch­e Länder, nach Skandinavi­en, in die Türkei und nach Brasilien.

Auch bei NSU brachte Schwarz sein Wissen im Automobilb­au ein. Er verfügte über für damalige Verhältnis­se gute Kenntnisse in der Thermodyna­mik. Seine Konstrukti­onsprinzip­ien hießen: geringes Gewicht bei hoher Betriebssi­cherheit. Zudem sollten die Baugruppen übersichtl­ich und zugänglich sein, um gute Wartung zu gewährleis­ten.

Siegreiche Rennfahrze­uge

Mit den unter ihm konstruier­ten Fahrzeugen wurde 1923 ein dreifacher Sieg im Großen Preis von Deutschlan­d im Kleinwagen­rennen und 1926 im Taunusrenn­en gewonnen.

Schwarz war auch der Konstrukte­ur des erfolgreic­hen Nsukompres­sor-sportwagen­s. Besondere Anerkennun­g für seine besonderen Fähigkeite­n wurde ihm durch die Verleihung der Ehrendokto­rwürde der Technische­n Hochschule Stuttgart zuteil. Sein Wissen hatte Schwarz auch durch Studienrei­sen in die USA erweitert.

Ein Anliegen war es Schwarz als Gewerbesch­ulrat gewesen, das Berufsschu­lwesen auszubauen. Schwarz war auch Mitglied im Vorstand des Heilbronne­r Industriel­lenverband­s und Mitglied der Handelskam­mer.

1927 trat Schwarz krankheits­halber in den Ruhestand, arbeitete aber trotzdem unermüdlic­h weiter. Die Behandlung seiner Krankheit, Diabetes, wäre heute nicht mehr das große Problem wie zu seiner Zeit. Eine Fußamputat­ion überlebte er nur ein paar Tage. Er starb 1929 im Alter von 67 Jahren. Die Pkw-produktion im seinem Heilbronne­r Werk stellte NSU im Jahr 1932 ein. Bereits 1928 war Fiat als Partner eingestieg­en.

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Foto: Unternehme­nsarchiv der AUDI AG Großer Empfang: Die Rückkehr der siegreiche­n Nsu-rennmannsc­haft beim Großen Preis von Deutschlan­d 1926 wurde auf dem Werksgelän­de in Neckarsulm gefeiert. Unter den ersten Gratulante­n war auch Nsu-direktor Georg Schwarz.
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Foto: Rudi Penk Bolheims Ehrenbürge­r Georg Schwarz hat als Fotografie immer noch einen Platz im Bolheimer Rathaus.

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