Chefsache Aufklärung
Die CSU gilt zu Recht als eine bemerkenswerte Partei. Sie hat es in Bayern geschafft, zur Staatspartei zu werden – durch kluge Politik, geschicktes Marketing und ein gerüttelt Maß an Opportunismus. Bayern und die CSU, das gilt als beinahe unverbrüchliche Einheit. Dass Bayern im Vergleich zu anderen Bundesländern so erfolgreich ist, hat es auch den Christsozialen zu verdanken. Doch birgt diese Verwachsenheit von Partei, Regierung und Wirtschaft auch eine große Gefahr. Auf Dauer kann dieses Maß an Verflechtung Korruption und Vetternwirtschaft begünstigen.
CSU-CHEF Markus Söder hat seine politische Karriere als Teil dieses Systems aufgebaut. Bis zur jüngsten Landtagswahl definierte er seinen Standpunkt immer genau dort, wo auch seine CSU stand. Was die Partei machte, war normal, was der Rest der
Welt dachte und tat, war das Abwegige. Nach der Niederlage seiner Partei hat Söder die Grenzen dieser Normalität erweitert und deutlich mehr
Grün und Merkel reingelassen als noch wenige Monate vorher denkbar war. Ein riesiger Reformschritt, den aber die CSU bislang mitmacht, weil er den weiteren Erfolg verspricht.
Jetzt aber steht der oberste Corona-bekämpfer der Republik vor einer Aufgabe ganz anderen Kalibers. Er muss seiner Partei die Vetternwirtschaft austreiben. Die Masken-raffkes dürften nur der sichtbare Teil des Problems sein. Die Ansprüche, die eine breite Öffentlichkeit inzwischen an Moral und Verhalten von Politikern stellt, haben die Reihen der CSU noch lange nicht durchdrungen. Söder muss schnell handeln, wenn er denn tatsächlich Anspruch auf die Kanzlerkandidatur anmelden will. Denn der Rest des Landes ist anders als Bayern.