Liebe Fachwörter,
wenn es um Euch geht, leben wir in einem der reichsten Länder der Erde. Das Ausland staunt über das „Arbeiterunfallversicherungsgesetz“oder die „Nockenwellensteuerung“, und seit der Pandemie staunen auch die Einheimischen. Über den „Mund-nasen-schutz“oder das „Abstandsgebot“. Oder darüber, dass man vom normalen Menschen zum „Impfling“wird.
Doch immer wieder kommt es vor, dass uns ein schönes Fachwort fehlt. Zum Beispiel im Supermarkt. Dort halten wir am Kassenband brav Abstand, doch Herr und Frau Deutschländer greifen wie Balken, mit denen man seine Waren von denen des Nachbarn abgrenzt. Zwar sind die nächsten Einkäufe erst zwei Meter weiter, doch der teutonische Reflex erfordert eine Absperrung, eine Art Gartenzaun, ein . . ., ja so ein Ding halt! „Warentrenner“ist übrigens ein Fachwort, auch „Kundentrennstab“kann man sagen. Sagt man bei uns aber so wenig wie „Kapselheber“zum Flaschenöffner. Wir sind (die besonders deutschnationalen Leser mögen verzeihen) eben doch nicht so preußisch hier im Südwesten.
So kam es auch, dass am jüngsten Wahlsonntag in Heidenheimer Wahllokalen mancherlei Frage gestellt wurde. Ja, sicher auch, wer das Rennen macht und wie man „wen wählsch?“korrekt schreibt. Vor allem aber ging es um eine Hygienemaßnahme der Stadt: Weil man den Briefschlitz an den Urnen bei jeder Stimmabgabe öffnen und schließen muss, besorgte man eine clevere Fernbedienung, also so ein . . . ja so ein Ding halt, also wie . . .
„So a Schdang vom Vorhang, abr koi Vorhangschdang, so wemr Vorhäng zuaziagt, woisch?“– und das war noch eine der kürzesten Beschreibungen.
Gibt es ein Fachwort für so ein Gardinen-ding? Tatsächlich: „Zugstange“nennt man die Objekte, noch schöner ist das Wort „Schleuderstab“. Ja, das sagt kein Mensch und man will es auch nicht sagen. Und wir haben ja die Wahl, nicht?
Aber Ihr lest das ja eh wieder nicht.