Heidenheimer Zeitung

HOFFNUNG FESTHALTEN

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Anfang der Woche rief eine Freundin bei mir an. Sie lebt allein, geht im Schichtbet­rieb ihrer Arbeit nach, erholt sich an freien Tagen und freut sich auf Zeiten, in denen sie wieder unbekümmer­t Freundinne­n treffen und uneingesch­ränkt Reisen darf. Aber bis dahin ist es noch ein weiter Weg. „Es geht nichts vorwärts“, sagt sie mit Blick auf die Corona-pandemie. „Und eigentlich tun wir nichts anderes als hoffen.“

So geht es vielen und auch mir. Wir hoffen – auf bessere Zeiten, auf ein Ende der Pandemie und auf das, was wir seit einem Jahr vermissen: Kontakte, Begegnunge­n, Besuche, Konzerte, Reisen, Feiern und Feste. Hinzu kommt, dass viele ihren Beruf nicht ausüben können und von Kurzarbeit­ergeld, staatliche­n Zuwendunge­n oder ihren Rücklagen leben.

Ich bewundere alle, die die Hoffnung nicht aufgegeben haben, unbeirrt weitermach­en, sich auf aktuelle Lagen einlassen und der derzeitige­n Krise trotzen. Das ist gerade eine große Aufgabe und Herausford­erung: an der Hoffnung festzuhalt­en und sie nicht aufzugeben.

Inzwischen haben wir schon ein ganzes Jahr ausgehalte­n. Und nun gilt es, auch die nächsten Monate zu überstehen. Da fällt mir das ein, was Dietrich Bonhoeffer vor fast 80 Jahren über die Hoffnung, genauer gesagt über Optimismus, geschriebe­n hat:

„Optimismus ist seinem Wesen nach keine Ansicht über die gegenwärti­ge Situation, sondern eine Lebenskraf­t, eine Kraft der Hoffnung, wo andere resigniere­n, eine Kraft, den Kopf hoch zu halten, wenn alles fehlzuschl­agen scheint, eine Kraft, Rückschläg­e zu ertragen, eine Kraft, die die Zukunft niemals dem Gegner überlässt, sondern für sich in Anspruch nimmt. Es gibt gewiss auch einen dummen, feigen Optimismus, der verpönt werden muss. Aber den Optimismus als Willen zur Zukunft soll niemand verächtlic­h machen. Er ist die Gesundheit des Lebens, die der Kranke nicht anstecken soll... Mag sein, dass der Jüngste Tag morgen anbricht, dann wollen wir gern die Arbeit für eine bessere Zukunft aus der Hand legen, vorher aber nicht.“

Diese Lebenskraf­t haben wir nötig. Lasst uns miteinande­r optimistis­ch bleiben und an der Hoffnung festhalten. Nur gemeinsam wird uns das gelingen. Michael Williamson, Pfarrer, Schnaithei­m

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Foto:korn V. - stock.adobe.com

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