Teststrategien bei Unternehmen im Kreis
Die einen bieten schon seit Monaten Schnelltests an, die anderen arbeiten an einer Teststrategie. Wie Unternehmen ihre Mitarbeiter schützen und den Betrieb aufrechterhalten wollen.
Landkreis. Um Sicherheit vor dem Coronavirus für Mitarbeiter zu gewährleisten, gibt es unterschiedliche Herangehensweisen.
Die Haltung der Regierung ist klar: Wer kann, soll im Homeoffice arbeiten. Aber natürlich ist das nicht in jedem Beruf und jeder Branche möglich. Natürlich auch nicht auf der Großbaustelle der Papierfabrik Palm. Das Familienunternehmen investiert hier 500 Millionen Euro in sein neues Werk am Stammsitz Aalen-neukochen, direkt an der B 29. Aktuell arbeiten dort rund 1200 Menschen. Und trotz Corona liegt man im Zeitplan.
Ein Grund dafür dürfte die Teststrategie des Unternehmens sein. Das ehemalige Pförtnerhäuschen in Neukochen wurde zum Corona-testzentrum umfunktioniert. Bereits seit Januar bietet Palm allen Beschäftigten wöchentlich kostenlose Schnelltests an. Pro Tag nehmen das laut Geschäftsführer Dr. Wolfgang Palm zwischen 240 und 360 Personen in Anspruch. Wer auf der Großbaustelle arbeitet, muss sich wöchentlich ein negatives Ergebnis bescheinigen lassen, ansonsten wird der Zutritt zur Baustelle verwehrt. Während der Test für die Baustellenarbeiter verpflichtend ist, nehmen die übrigen Beschäftigten freiwillig an der Test-aktion teil, die im Vorfeld auch mit dem Betriebsrat abgestimmt wurde. Bislang gab es unter den Beschäftigten – in Neukochen arbeiten rund 300 Menschen – keinen positiven Fall. Unter den Bauarbeitern wurden aber bereits Infizierte entdeckt.
Die Hauff-technik Gmbh in Hermaringen war mit der Entwicklung einer Teststrategie sogar noch früher dran. Bereits seit Ende September gibt es eine eigene Corona-teststation auf dem Betriebsgelände, in der mittlerweile zwischen 160 und 180 Tests pro Woche durchgeführt werden. Der Grund für die frühe Entscheidung: „Ich kann als Chef nur verantworten, dass man hier arbeitet, wenn ich eine Umgebung schaffe, in dem sich die Mitarbeiter mit größter Sicherheit nicht infizieren“, sagt Dr. Michael Seibold.
Während sich die deutsche Regierung schwertut, war es laut Seibold für das Unternehmen nie ein Problem, die Schnelltests zu bekommen. „Natürlich kostet das Geld, aber es gab nie einen Mangel
auf dem Markt. Sie waren immer reichlich vorhanden.“Die Entscheidung, selbst zu testen, habe er aus vollster Überzeugung getroffen. „Neben dem Firmeninteresse gibt es den psychologischen Faktor: Die Menschen kommen doch mit einem anderen Gefühl zur Arbeit, wenn sie wissen, dass die Kollegen gesund sind.“
Alle zwei Wochen können sich die rund 400 Mitarbeiter kostenlos testen lassen. Die Anmeldung dafür erfolgt über ein elektronisches Buchungssystem. „Natürlich können wir nicht ausschließen, dass uns in den vergangenen Monaten ein Infizierter durchgegangen ist, aber unser Hauptziel ist, dass sich nicht gleich zehn, 20 oder 30 Leute infizieren“, sagt Seibold. Das wäre der denkbar schlechteste Fall. Denn: „Das Gesundheitsamt würde mir dann berechtigterweise den Laden zusperren.“
Absolute Sicherheit gebe es in dieser Pandemie nicht, weiß Seibold, aber dass das Test-system hervorragend funktioniere, hätten die vergangenen Monate nun mal gezeigt. Und lag die Testrate unter den Mitarbeitern anfangs noch bei etwa 30 oder 40 Prozent, nutzen laut Seibold nun gut und gern drei Viertel der Beschäftigung das Angebot. „Die Leute haben gemerkt, dass es nicht weh tut und sie sich danach einfach sicherer fühlen können.“Er sieht während der Pandemie aber nicht nur sich als Chef und Entscheider in der Pflicht, sondern jeden Einzelnen. „Am Ende entscheiden wir alle darüber, wie wir durch diese Pandemie kommen.“Drei Mal ist in den vergangenen Monaten bei Hauff ein Schnelltest positiv ausgefallen, der darauffolgende PCR-TEST war jedoch negativ und somit war keine Quarantäne notwendig.
Durchgeführt werden die Schnelltests bei Hauff von Betriebsärztin Dr. Viktoria Schenkengel und ihrem Team – und zwar unter sterilen Bedingungen. Und auch wenn jetzt Selbsttests auf dem Markt sind, will Seibold an seiner Strategie festhalten. „Was ist, wenn ein Selbsttest positiv ausfällt? Für das, was dann zu tun ist, gibt es nur Empfehlungen, aber kontrolliert wird das nicht. Es bleibt jedem selbst überlassen, ob er das positive Ergebnis dem Gesundheitsamt meldet oder nicht. Das finde ich problematisch, weil es ohne Quarantäne und Kontaktverfolgung nicht geht.“Zudem sei es wichtig, die Tests richtig anzuwenden. „Die Probenentnahme ist das A und O. Und wir haben ein hervorragendes Team.“Auch auf die Impfung setzt Seibold große Hoffnungen. „Ich bin guter Dinge, dass wir unseren Mitarbeitern in der zweiten Jahreshälfte eine Impfung anbieten können.“Aber das begleitende Testen bleibe ein wichtiges Instrument, um verantwortungsvoll durch die nächsten Wochen und Monate zu kommen.
Und welche Pläne gibt es bei Voith? Die Mitarbeiter an allen deutschen Standorten sollen in etwa eineinhalb Wochen die Möglichkeit haben, sich selbst und auf freiwilliger Basis zu testen. Laut Katrin Sulzmann, Senior Vice President Group Communications, ist pro Person und Woche ein Schnelltest angedacht. Bisher hat der werksärztliche Dienst bei Voith bei Bedarf Pcr-tests für Mitarbeiter angeboten. Einzelne positive Fälle habe es gegeben. „Aber wir lagen immer im einstelligen Bereich und alle haben sich außerhalb des Unternehmens angesteckt. Einen Ausbruch im Unternehmen konnten wir bislang verhindern.“
Bei der Carl Zeiss AG werden und wurden in den vergangenen Monaten ebenfalls „gezielt“Tests durchgeführt. „Bei Symptomen wurde darauf hingewirkt, dass die Betroffenen erst gar nicht ins Unternehmen kommen und den Verdacht ärztlich abklären lassen“, sagt Jörg Nitschke, Head of Corporate Brand and Communications. Aber was bedeutet „gezielt“? „Es wurde getestet, wenn direkte Kontakte wie etwa Kundenbesuche anstanden, bei denen ein gültiger Test vorgeschrieben war – oder wenn es gesetzlich notwendig war, etwa zur Verkürzung der Quarantäne von Reiserückkehrern.“Zur Anwendung kamen sowohl Antigen-schnelltests, wie auch Pcr-tests – allesamt von Zeiss bezahlt.
Vonseiten der Belegschaft werde bisher nur in Einzelfällen nach zusätzlichen Selbsttests gefragt, so Nitschke. Dennoch plant das Unternehmen, solche Tests auf freiwilliger Basis zu ergänzen. Einen konkreten Zeitplan gibt es noch nicht. „Wir werden es anbieten, sobald ausreichend Tests zur Verfügung stehen.“
Auch bei der Paul Hartmann AG wird laut Pressesprecher Dominik Plonner derzeit rund um das Thema Testen „detailliert diskutiert und geplant“. Eine finale Aussage zur Teststrategie könne er momentan allerdings noch nicht geben.
Am Ende entscheiden wir alle darüber, wie wir durch diese Pandemie kommen.“
Dr. Michael Seibold