Streit um kürzere Verträge
Die Bundesregierung will lange Laufzeiten per Gesetz einschränken. Kritik am Entwurf gibt es von Verbraucherschützern und Unternehmen. Von
Ob Handy, Fitnessstudio oder Strom – wer einen Vertrag abschließt, ist häufig zwei Jahre daran gebunden. Das will die Bundesregierung ändern: Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) hatte zunächst vorgeschlagen, die Vertragslaufzeit gesetzlich auf ein Jahr zu begrenzen. Nach dem Einspruch von Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) einigte sich die Koalition allerdings auf einen Kompromiss: Den Kunden muss künftig zumindest ein Ein-jahres-vertrag angeboten werden. Der darf dann im Monatsschnitt teurer sein als der Zwei-jahres-vertrag, allerdings maximal 25 Prozent. So sollen die Verbraucher Preise und Angebote besser vergleichen können.
„Kein Schutz vor Kostenfallen“
Verbraucherschützer befürworteten den ersten Vorschlag der Justizministerin. Der derzeitige Entwurf geht ihnen nicht weit genug: „Bedauerlicherweise ist es ein schlechter Kompromiss“, sagt Dietlinde Bleh, Pressereferentin der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) zum derzeitigen Regierungsentwurf. Kunden seien damit zwar theoretisch frei, zwischen unterschiedlichen Laufzeiten zu wählen. Bleh bezweifelt allerdings, dass sie das künftig auch tun werden, wenn lange Laufzeiten am günstigsten sind. Von den kürzeren Vertragsoption profitierten vor allem diejenigen, „die es sich finanziell leisten können“, argumentiert Bleh. „Und nicht diejenigen Verbrauchergruppen, die besonderen Schutz vor Kostenfallen und zu langen Vertragslaufzeiten benötigen.“Damit entstehe die Gefahr einer „Zwei-klassen-gesellschaft bei Verträgen“.
In einer repräsentativen Umfrage des Marktwächters „Digitale Welt“des Verbraucherzentrale Bundesverbands hatten sich Ende 2019 rund 83 Prozent der Befragten für eine maximale Laufzeit von 12 Monaten oder weniger ausgesprochen. Die Verbraucherzentrale fordert in einer Stellungnahme sogar eine maximale Vertragslaufzeit von einem halben Jahr für die Telekommunikations-branche. Derzeit sei es für Verbraucher häufig ein Problem, dass sie aus Verträge nicht herauskommen, wenn sie umziehen oder krank werden. Die Vertragslaufzeiten seien „weitgehend willkürlich, einseitig unternehmerfreundlich und zu lang“, stellt der VZBV fest.
Ganz anders sieht das Jürgen
Grützner: Der Geschäftsführer des Telefon-branchenverbandes VATM lehnt die geplante Neuregelung ab und nennt den Gesetzgebungsprozess „ideologisch aufgeladen“. Die Regierung berücksichtige nicht ausreichend, dass Unternehmen belastet würden.
Zum einen erwartet Grützner durch die Neuregelung einen „geradezu elefantösen Bürokratiezuwachs“. Zum anderen koste es die Mobilfunk-anbieter über 10 Millionen Euro, zusätzliche Ein-jahres-verträge anzubieten. Das wirke sich auf die Preise aus, die die Kunden bezahlen müssten, erklärt Grützner. Auch Dirk Wende, Unternehmenssprecher von Telekom, bezweifelt, ob ein branchenübergreifendes Gesetz überhaupt notwendig ist. Die Tariflandschaft der Telekommunnikations-branche in Deutschland sei überaus vielfältig und biete bereits derzeit allen Kunden ein passendes Angebot.
Entwurf geht von einem Bild des ‚Verbrauchers’ aus, das dem eines Kindes ähnelt. Alexander Wulf
Pressesprecher des DSSV
„Eingriff in die Kalkulation“
„Der Gesetzesentwurf geht von einem Bild des ‚Verbrauchers’ aus, das dem eines minderjährigen Kindes ähnelt“, kritisiert Alexander Wulf, Pressesprecher des Arbeitgeberverbands deutscher Fitness- und Gesundheit-anlagen (DSSV). Der Staat greife durch eine Neuregelung in die Preiskalkulation der Unternehmen ein. Verträge würden dadurch auf kurze Sicht teurer.
Der Regierungs-kompromiss des Gesetzes beschäftigt derzeit den Bundestag. Eine neue Regelung könnte noch vor der Sommerpause beschlossen werden und zum Jahreswechsel in Kraft treten.