„Fixsterne des Löbel’schen Mikrokosmos“
Niedergang der Mannheimer CDU setzt sich nach Skandal um ihren Bundestagsabgeordneten fort.
Mannheim. In der Mannheimer CDU kracht es – wieder einmal. Die Partei hat zwar schon viele Krisen überstanden, aber nur, um wieder in die nächste zu schlittern. Die Quittung der Wähler: innerhalb von vier Landtagswahlen sinkt der Stimmenanteil von 36,1 Prozent auf jüngst 16,9 Prozent.
Mit dem Ex-bundestags- und späteren Landtagsabgeordneten Klaus-dieter Reichardt nahm der Niedergang der Christdemokraten vor zehn Jahren seinen Anfang. Eine sechsstellige Provision hatte der Politiker für seine Hilfe als Vermittler von Bundeswehraufträgen für ein Mannheimer Unternehmen ausgehandelt. Eine Forderung, die heute Korruption genannt würde, damals aber als Privatgeschäft abgehakt wurde. Mit Mühe zwang die Union
den 56-jährigen Unternehmensberater zum Verzicht auf eine weitere Landtagskandidatur.
Dass der 34-jährige Bundestagsabgeordnete Nikolas Löbel jetzt wegen der Maskenbeschaffung für einen Bonus von 250 000 Euro ein nahezu ähnliches Schicksal erleidet, wirft erneut ein schlechtes Licht auf den Zustand der skandalträchtigen Partei. Nach dem Rücktritt des bereits nominierten Bundestagkandidaten soll nun eine Findungskommission auf die Schnelle einen Ersatz suchen, denn bis zur Bundestagswahl sind nur noch wenige Monate Zeit. Der Kreisvorstand sieht sich in der Pflicht, das Beste aus dem Dilemma zu machen. Doch er bekommt Gegenwind. Vier Granden der Union fordern den sofortigen Rücktritt des
Kreisvorstandes und Neuwahlen.
Das Gremium bestehe „aus Fixsternen und Planeten des Löbel´schen Mikrokosmos und sei in seiner Gesamtheit mitverantwortlich für den moralischen-, politischen und finanziellen Niedergang der Mannheimer CDU“, sagt der ehemalige CDU-ORDnungsbürgermeister Rolf Schmidt auf Anfrage. Glaubhafte Aufarbeitung und Analyse seien unabdingbare Voraussetzungen für Neuausrichtung und Neuaufbau, aber auf keinen Fall durch Beteiligte. Deshalb laute die logische Konsequenz: Rücktritt des gesamten Kreisvorstandes, dem Löbel bis zuletzt vorsaß.
Auch Egon Jüttner, der Vorgänger im Bundestag und Erzrivale Löbels begleicht jetzt offene Rechnungen. Er spricht von einer
Findungskommission, in der „nur Löbel-leute“sitzen. Für die altgedienten Unionsrecken klingt es nach Realsatire, wenn genau diese Leute, die ihrem Ex-kreis-chef zu lange und zu unkritisch zugejubelt haben, nun von einem Neuanfang reden. Hinzu kommen aktuelle Vorwürfe, die eine externe Überprüfung des Finanzgebarens und der finanziellen Situation der Mannheimer CDU notwendig erscheinen lassen. Ex-schatzmeister Heinrich Braun: „Ich glaube nicht, dass die Partei alle Kredite ordnungsgemäß bilanziert.“
Kritische Fragen von CDU-MITgliedern wie dem Ex-cdu-gemeinderat Chris Rihm nach der finanziellen Situation der Kreispartei seien immer unbeantwortet geblieben. Selbst wenn die Vorstandsmitglieder an dem amoralischen Maskengeschäft Löbels keine Schuld trügen, hätten die Verantwortlichen „durch Untätigkeit und das Spenden falschen Beifalls ihn zu dem werden lassen, was wir täglich in allen Medien unentwegt ertragen müssen.“Schmidt und Jüttner schlagen deshalb vor, dem neutralen Cdu-bezirksverband Nordbaden von Agrarminister Peter Hauk eine Prüfung der Amtszeit Löbels als Kreisvorsitzender zu übertragen.