Rücksicht und Verzicht für die Natur
Alpenschützer verlangt Umdenken: Berge seien kein Schlaraffenland, in dem man sich nur bedienen könne.
München. Der Geschäftsführende Vorsitzende des Vereins zum Schutz der Bergwelt, Rudi Erlacher, fordert ein Umdenken hin zu mehr Aufmerksamkeit gegenüber Natur und Einheimischen. „Wir brauchen einen neuen Tourismus: Das Besondere muss wieder seine Qualität bekommen. Wir sind nicht im Schlaraffenland, wo man pausenlos zulangen kann und nichts und niemand dabei Schaden nimmt.“
Die Menschen müssten dahin kommen, einen Ausflug in die Alpen wieder als etwas Einzigartiges zu erleben und zu genießen – und nicht als einen Anspruch, der schon bei der Anfahrt im Stau steckenbleibe. „Ich muss nicht ununterbrochen da sein, wo alle meinen, dass es am schönsten ist“, sagt Erlacher, der bis 2019 Vize-präsident des Deutschen Alpenvereins (DAV) war. „Es geht um Verfügbarkeit und innere Begrenzung – sonst verschwindet die Qualität in Quantitäten.“
Auf der Suche nach Einsamkeit
Ein anderer Umgang mit Ausflügen sei mit der Corona-krise noch wichtiger geworden. Da bekannte Gipfel stark besucht seien, wichen mehr Menschen in unberührte Natur abseits der Wege aus. „Viele Wanderer sind auf der Suche nach Einsamkeit.“Die sozialen Medien, in denen viele nach Aufmerksamkeit heischten, verstärkten das Problem. „Der Modus ist: Ich habe einen Geheimtipp.“Man könne aber auch denken: „Ich muss nicht alles erzählen, was ich weiß.“
Dass der Alpenraum Menschen anziehe, sei auch eine Folge der Entwicklung bei Landwirtschaft und Raumplanung. Niemand wolle in begradigten Landschaften, an Outlet-centern vorbei entlang von Äckern wandern, „denen man den Biodiversitätsverlust schier physisch anmerkt“. „Es fährt keiner aus München nach Osten, Norden oder Westen, alle wollen sie in den Süden.“Den Menschen sei das nicht zu verdenken. „Es gibt keinen Schuldigen“, sagt Erlacher mit Blick auf die Konfrontation von Stadt- und Landbevölkerung.