Liebe Puppe,
Du hattest eine Vorgängerin. Auch über sie wurde in der HZ an dieser Stelle schon geschrieben. Sie saß lange Zeit im „Flügel“, schaukelte vor und zurück, lächelte die Vorbeikommenden an und erfreute vor allem die Kinder. „Frau Weiß“wurde sie von ihnen genannt, und das passte auch. Sie war, wie Du heute, liebevoll gekleidet mit Pullover, Tuch (damit ihr nicht kalt wird), Hose, Schuhen, sie hatte natürlich Haare und ein Gesicht und (ganz wichtig) den Schirm zum Schutz gegen Regen und zu starke Sonnenstrahlen.
Doch eines Tages war das Entsetzen groß: Deine Vorgängerin war weg. Über Nacht verschwunden. Mitsamt ihrem Schaukelstuhl. Gestohlen? Verreist? Umgezogen? Wir wissen es nicht. Aber da war plötzlich eine schmerzhafte Lücke im „Flügel“. Alle sprachen darüber, wir konnten es gar nicht fassen. Deine Vorgängerin fehlte uns und besonders den Kindern. Auch ein flehentlicher Zettel am Baum, man möge sie doch bitte zurückbringen, weil die Kinder über ihr Verschwinden so traurig seien, brachte Frau Weiß nicht zurück.
Und nachdem sich die Leere eine Zeit lang ausgebreitet hatte und die Traurigkeit über das Verschwinden Deiner Vorgängerin gar nicht abnehmen wollte, da geschah es: Eine Nachbarin brachte einen neuen Schaukelstuhl vorbei und Deine Puppenmama machte sich noch einmal ans Werk. In vielen Stunden wurdest du, liebe neue Puppe, geschaffen. Du wurdest geformt, genäht, gekleidet (noch schicker), angemalt und in Deinen neuen Schaukelstuhl gesetzt. Natürlich wieder mit Schirm zu Deinem Schutz. Und weißt Du was? Du bist ein richtiges Meisterwerk geworden! Noch fröhlicher und zufriedener sitzt Du da bei Wind und Wetter und lächelst uns an.
Willkommen im „Flügel“, neue Frau Weiß! Gerade in diesen Zeiten können wir doch jede Freundlichkeit und Gelassenheit brauchen. Schön, dass Du (wieder) da bist!
Aber Du liest das ja eh leider nicht.