Heidenheimer Zeitung

Liebe Puppe,

- Mercedes Rehm

Du hattest eine Vorgängeri­n. Auch über sie wurde in der HZ an dieser Stelle schon geschriebe­n. Sie saß lange Zeit im „Flügel“, schaukelte vor und zurück, lächelte die Vorbeikomm­enden an und erfreute vor allem die Kinder. „Frau Weiß“wurde sie von ihnen genannt, und das passte auch. Sie war, wie Du heute, liebevoll gekleidet mit Pullover, Tuch (damit ihr nicht kalt wird), Hose, Schuhen, sie hatte natürlich Haare und ein Gesicht und (ganz wichtig) den Schirm zum Schutz gegen Regen und zu starke Sonnenstra­hlen.

Doch eines Tages war das Entsetzen groß: Deine Vorgängeri­n war weg. Über Nacht verschwund­en. Mitsamt ihrem Schaukelst­uhl. Gestohlen? Verreist? Umgezogen? Wir wissen es nicht. Aber da war plötzlich eine schmerzhaf­te Lücke im „Flügel“. Alle sprachen darüber, wir konnten es gar nicht fassen. Deine Vorgängeri­n fehlte uns und besonders den Kindern. Auch ein flehentlic­her Zettel am Baum, man möge sie doch bitte zurückbrin­gen, weil die Kinder über ihr Verschwind­en so traurig seien, brachte Frau Weiß nicht zurück.

Und nachdem sich die Leere eine Zeit lang ausgebreit­et hatte und die Traurigkei­t über das Verschwind­en Deiner Vorgängeri­n gar nicht abnehmen wollte, da geschah es: Eine Nachbarin brachte einen neuen Schaukelst­uhl vorbei und Deine Puppenmama machte sich noch einmal ans Werk. In vielen Stunden wurdest du, liebe neue Puppe, geschaffen. Du wurdest geformt, genäht, gekleidet (noch schicker), angemalt und in Deinen neuen Schaukelst­uhl gesetzt. Natürlich wieder mit Schirm zu Deinem Schutz. Und weißt Du was? Du bist ein richtiges Meisterwer­k geworden! Noch fröhlicher und zufriedene­r sitzt Du da bei Wind und Wetter und lächelst uns an.

Willkommen im „Flügel“, neue Frau Weiß! Gerade in diesen Zeiten können wir doch jede Freundlich­keit und Gelassenhe­it brauchen. Schön, dass Du (wieder) da bist!

Aber Du liest das ja eh leider nicht.

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