Biden-regierung warnt vor Nord Stream
Us-außenminister Antony Blinken kritisiert Deutschland scharf.
Brüssel. Der neue Us-außenminister Antony Blinken hat sein erstes Zweiertreffen mit Bundesaußenminister Heiko Maas für scharfe Kritik an der Ostsee-gaspipeline Nord Stream 2 genutzt. „Die Pipeline spaltet Europa“, sagte Blinken in Brüssel. Das Projekt setze die Ukraine und Europa der Manipulation durch Russland aus und stehe im Widerspruch zu den von Europa selbst formulierten Zielen mit Blick auf Energiesicherheit.
Blinken betonte, er habe diese Sicht der Us-regierung bei seinem Treffen mit Maas am Dienstagabend sehr deutlich gemacht. Zugleich betonte er, der Streit zwischen Deutschland und den USA in dieser Frage ändere nichts an dem engen Bündnis beider Länder und der Kooperation in anderen Fragen. Die USA begründen ihre Ablehnung mit der ihrer Ansicht nach zu großen Abhängigkeit ihrer europäischen Partner von russischem Gas. Sie hatten im Januar bereits Sanktionen gegen ein am Bau beteiligtes Unternehmen verhängt. Pipeline-befürworter werfen den USA dagegen vor, nur ihr Flüssiggas besser verkaufen zu wollen.
Blinken war zum Nato-außenministertreffen nach Brüssel gereist – und für diverse bilaterale Gespräche am Rande. Es ist sein erster persönlicher Besuch in Europa seit seinem Amtsantritt.
Die Bundesregierung schließt bislang eine politische Intervention zum Stopp des Projekts aus.
zur Erdgaspipeline Nord Stream 2
Es war das erste Treffen von Bundesaußenminister Heiko Maas mit seinem Us-kollegen Antony Blinken – und schon ging es zur Sache. Blinken machte das Erdgaspipeline-projekt Nord Stream 2 zum Thema und forderte eine Abkehr von dem Erdgasprojekt mit Russland. Damit sollten die letzten Zweifel beseitigt sein, dass die neue Us-regierung auch in dieser Frage dort weitermacht, wo ihre Vorgängerin unter Donald Trump aufgehört hat. Verbindlicher im Ton tritt sie vielleicht auf, aber nicht weniger entschlossen. Das betrifft im Übrigen auch den Umgang mit China.
Es wird also ungemütlicher für Deutschland, weil es sich nicht mit dem Verweis auf einen irrlichternden Us-präsidenten wegducken oder es sich zwischen den Weltmächten gemütlich machen kann. Blinkens unverblümte Ansprache macht klar, dass Washington von Berlin erwartet, sich zu entscheiden.
Die Standortbestimmung gegenüber Russland ist also der erste Test, dem sich Deutschland gegenüber Joe Biden stellen muss. Und es muss dabei im Blick behalten, dass sich die deutsche Interessenlage gegenüber dem großen Nachbarn anders darstellt als aus Washingtoner Sicht – und gleichzeitig die Meinung in Europa durchaus gespalten ist.
Angesichts dessen wird es für die Bundesrepublik immer wichtiger, im Konzert der Mächte die eigene Position zu definieren und zu behaupten. Das könnte vor allem für die künftige Bundesregierung nach einem nicht unwahrscheinlichen Regierungswechsel im Herbst mit Blick auf Nord Stream 2 eine Herausforderung werden. Denn einige der bisherigen Oppositionsparteien haben sich dezidiert gegen das Projekt ausgesprochen.