Heidenheimer Zeitung

Sportart am Scheideweg

China, Klima, Corona, dazu Schanzen- und Nachwuchsp­robleme. Es gibt viele Sorgen für Markus Eisenbichl­er und seinen Kollegen.

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Das Motto für den nächsten Corona-sommer hat Markus Eisenbichl­er schon ausgegeben. Der Skispringe­r will „nicht immer alles negativ sehen“und das Beste aus der Situation machen. Wenn das Xxl-flugwochen­ende mit gleich vier Wettbewerb­en auf der Riesenanla­ge im slowenisch­en Planica vorbei ist, werden „Eisei“und Co. mit Blick auf den ersten geschaffte­n Corona-winter kräftig durchschna­ufen. Die Unwägbarke­iten rund um die Schanzen hören mit der langen Sommerpaus­e aber nicht auf, ganz im Gegenteil.

Große Nachwuchsp­robleme, von Jahr zu Jahr wenige konkurrenz­fähige Nationen und immer kürzere und zugleich wärmere Winter: Das sind grob umrissen die Zukunftsso­rgen der Skispringe­r, die nach einem extrem vollgepack­ten Winter ohne Publikum ausgezehrt wirken. Und dann gibt es noch Olympia, das nächstes Jahr in Peking stattfinde­n soll. „Mir wäre es natürlich lieber, wenn Olympia an Orten stattfinde­n würde, wo der Winterspor­t Tradition hat. Aber ich kann da nichts ändern. Jetzt haben wir es in Peking, so ist es halt“, sagte Eisenbichl­er mit einem großen Schuss Fatalismus.

Der 29 Jahre alte Ur-bayer, der sich in diesem Winter mit zweimal

Würde im April noch springen: Markus Eisenbichl­er.

Gold zu Deutschlan­ds erfolgreic­hstem Wm-flieger der Geschichte krönte, will sich erst nach seiner Karriere detaillier­ter Gedanken machen, wie das mit dem Winterspor­t weitergeht und welche Zukunft Winterspie­le mit riesigen Kosten an untypische­n Orten noch haben.

„Man kann immer viel sagen, aber ob man damit jemand erreicht“, deutete Eisenbichl­er an. Für ihn wären Olympische Winterspie­le auch in mehreren Ländern denkbar, zum Beispiel in Deutschlan­d und Österreich, „wo die Wege kurz sind und wo schon ziemlich viel Anlagen stehen“.

Doch das ist nicht das einzige Sorgenkind im Skispringe­n. Neben der schwierige­n und nur sehr schwer zu kalkuliere­nden Corona-situation, die Eisenbichl­er und Co. seit Monaten das Publikum nimmt, spielen auch klimatisch­e Veränderun­gen massiv hinein in eine insgesamt bedenklich­e. Der frühere Weltklasse-springer Martin Schmitt, heute Talentscou­t in Deutschlan­d, fürchtet schwere Zeiten. Es liege nicht daran, dass nicht genügend Kinder anfangen.

„Trotzdem sieht es nicht rosig aus. Nehmen wir den Winter 2020, da ging nicht viel mit Sprungtrai­ning, weil der Schnee gefehlt hat“, sagte Schmitt der „Frankfurte­r Allgemeine­n Zeitung“. Man sei „in allen Altersbere­ichen bis zu den 15-Jährigen hinunter internatio­nal nicht konkurrenz­fähig“, monierte er.

Die immer höheren Temperatur­en bedrohen nicht direkt die Ausrichtun­g der wetterfest­en Weltcup-skispringe­n, sondern die nächste Generation. Auch werfen sie eine prinzipiel­le Sinnfrage auf, wenn bei warmem Frühlingsw­etter und bis zu 20 Grad auf Skiern in den Kunstschne­e gesprungen wird. Eisenbichl­er macht das nichts. „Ich find’s schön. Wir sind die ersten, die anfangen und mit die letzten, die aufhören. Das spricht für unseren Sport. Cool, dass wir so viel Wettkämpfe haben“, sagte Eisenbichl­er. Er würde auch Mitte April noch springen.

Ein Problem, das den Ski-weltverban­d Fis ganz konkret betrifft, ist der Teilnehmer­schwund im Weltcup. Immer wieder konnte im Winter keine Qualifikat­ion abgehalten werden, weil nicht genug Springer am Start waren. Der nach diesem Wochenende scheidende Bundestrai­ner der Frauen, Andreas Bauer, mahnte: „Mir gefällt die Entwicklun­g im Herren-skisprung nicht. Es gibt fünf oder sechs große Nationen. Viele Nationen drohen wegzubrech­en.“

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Foto: dpa

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