Heidenheimer Zeitung

Stopp für den Impfexport?

- Christian Kerl

Alarmstimm­ung in der britischen Regierung: Macht die Europäisch­e Union im Impfstoffs­treit mit Großbritan­nien Ernst und stoppt Exporte des Corona-vakzins von Astrazenec­a? In einem Werk im niederländ­ischen Leiden stapeln sich Millionen Impfdosen, 29 Millionen Dosen fanden italienisc­he Behörden in Anagni – alle vorgesehen für die Briten. Doch die Europäisch­e Union will Astrazenec­a mit der Drohung eines Exportstop­ps dazu zwingen, erst die Liefervert­räge mit Brüssel zu erfüllen.

„Wir werden handeln“, sagte die Chefin der Gesundheit­sabteilung der Eu-kommission, Sandra Gallina, am Dienstag im Eu-parlament. Das Unternehme­n habe dem Ansehen der Union enorm geschadet, die fehlenden Lieferunge­n hätten ein sehr ernstes Problem geschaffen. Nach Angaben der Kommission wird Astrazenec­a bis Ende Juni höchstens 100 Millionen Dosen an die Union geliefert haben, ein Drittel der bis dahin zugesagten Menge. Auch aus Berlin kamen deutliche Töne: „Wir haben ein Problem mit Astrazenec­a“, sagte Kanzlerin Angela Merkel.

Für Boris Johnson sind das sehr schlechte Nachrichte­n. Der bislang erfolgreic­hen Impfkampag­ne des britischen Premiermin­isters, in deren Genuss schon die Hälfte der erwachsene­n Briten kamen, droht ein massiver Rückschlag, wenn der Nachschub vom Kontinent fehlt. Wie ernst es der EU ist, hat Kommission­spräsident­in Ursula klar gemacht: „Wir haben die Möglichkei­t, einen geplanten Export zu verbieten“, sagte von der Leyen. „Das ist die Botschaft an Astrazenec­a: Du erfüllst erst deinen Vertrag gegenüber Europa, bevor du beginnst, in andere Länder zu liefern.“Im Vertrag sei klar geregelt, dass die EU Impfstoff aus Fabriken in der EU und in Großbritan­nien erhalte. „Von den Briten haben wir aber nichts bekommen, während wir ihnen Impfstoff liefern.“

Nach Einschätzu­ng von Eu-beamten ist die Regierung in London ein großes Risiko eingegange­n, weil sie alle vorhandene­n Impfdosen sofort einsetzte und keine Reserven für die nötige Zweitimpfu­ng angelegt hat. Dass sich der Premier nun gesprächsb­ereit zeigt, gilt in Brüssel als Erfolg. Zu welchem Schluss der Gipfel am Donnerstag kommt, ist offen. Exportverb­ote als härteste Maßnahme sind durchaus umstritten.

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Astrazenec­a hat bislang zu wenig an die EU geliefert.

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