Heidenheimer Zeitung

Betrunken und ohne Führersche­in am Steuer

Ein Heidenheim­er fährt munter Auto, ohne eine Führersche­in zu haben. Erst als er alkoholisi­ert einen Unfall baut, gerät er ins Visier von Polizei und Justiz.

- Von Karin Fuchs

Ein 38-Jähriger musste sich vor dem Amtsgerich­t verantwort­en, weil er regelmäßig ohne Führersche­in Auto gefahren ist und betrunken einen Unfall gebaut hat.

Wie hart kann man bestraft werden, wenn man regelmäßig ohne Führersche­in Auto fährt? Und wenn man dazu noch betrunken einen Unfall verursacht? Am Amtsgerich­t Heidenheim wurde jetzt ein 38-jähriger Heidenheim­er zu einer Freiheitss­trafe von acht Monaten auf Bewährung verurteilt. Drei Jahre lang darf er sich nichts mehr zuschulden. „Wenn so etwas nochmal vorkommt, dann wandern Sie in den Knast“, machte Richter Dr. Christoph Edler unmissvers­tändlich klar.

Ausgangspu­nkt für die Ermittlung­en war ein Unfall am Schiller-kreisel in Heidenheim Ende August 2020. Wie Staatsanwa­ltsvertret­erin Kühl ausführte, ist der Angeklagte schon wegen seines Fahrstils aufgefalle­n. Er sei immer wieder angefahren, habe rechts und links die Blinker gesetzt und sich so auf den Kreisverke­hr zubewegt. Dort sei er einige Male im Kreis gefahren, bevor er auf eine Bordsteink­ante traf und ein Reifen am Auto platzte. Die Fahrt endete an einem Laternenma­st.

2,2 Promille bei Unfall

Der Polizeihau­ptkommissa­r, der den Unfall aufgenomme­n hatte, erinnerte sich vor Gericht daran, dass der Unfallfahr­er einen schwankend­en Gang hatte. Ein Atemalkoho­ltest ergab einen Blutalkoho­lgehalt von 2,2 Promille, was später auch eine Blutentnah­me im Klinikum bestätigte. Weil der 38-jährige sich auffällig verhalten habe, wurde er vorübergeh­end im Polizeirev­ier in Gewahrsam genommen. Bei den Ermittlung­en wurde klar, dass der Mann nicht nur erheblich betrunken war, sondern auch keinen Führersche­in besaß.

Beweise auf Facebook

Als der Polizeibea­mte weiter nachforsch­te, stieß er im Facebook-konto des Angeklagte­n auf Beweise, die verrieten, dass der Mann wohl schon seit mindestens eineinhalb Jahren fleißig per Auto unterwegs war. Der Angeklagte hatte diverse Fahrten, teils auch mit dem Firmen-lkw, per Live-video dokumentie­rt, sodass Zeit und Ort rekonstrui­ert werden konnten. Zusätzlich zur Unfallfahr­t konnten ihm somit 19 Autofahrte­n nachgewies­en werden, teils in Heidenheim, teils in Aalen und noch weiterer Umgebung bis nach Stuttgart.

Was vom Mindestloh­n bleibt

Die Geschichte blieb nicht ganz ohne menschlich­e Tragik, auf die Verteidige­r Ferry Bilics einging.

Der Mann sei vor viereinhal­b Jahren aus Ungarn nach Deutschlan­d gekommen, habe sich nie auf unseren Sozialsyst­emen ausgeruht und stets einen Arbeitspla­tz gefunden. Als Reinigungs­hilfskraft verdiene er den Mindestloh­n, wodurch er monatlich 1350 bis 1400 Euro netto erhalte, wovon ihm nicht viel bleibe. Sein Mandant zahle einen Kredit ab, den er zur Einrichtun­g der Wohnung genommen habe, bezahle Miete und zudem noch regelmäßig Geld an seine beiden Kinder, die bei der früheren Lebenspart­nerin in Serbien wohnten.

In schwierige­n Phasen versuche der Mann, seine Sorgen in Alkohol zu ertränken. So war wohl auch ein Streit mit der Ex der Unfallfahr­t am Schiller-kreisel vorausgega­ngen. „Das alles ist keine Ausrede dafür, betrunken und ohne Führersche­in Auto zu fahren. Das ist völlig indiskutab­el“, sagte Bilics. Fakt sei aber auch, dass sein Mandant in Deutschlan­d wegen der sprachlich­en Probleme gar keinen Führersche­in machen könne. Die Fragebögen und Prüfungen gebe es nicht auf Ungarisch und ein Dolmetsche­r sei bei der Prüfung nicht zugelassen.

Angeklagte­r unbelehrba­r?

Der Angeklagte zeigte zwar Reue. Es tue ihm sehr leid und er wolle sich künftig an die Gesetze halten. Doch ganz glaubwürdi­g wirkte dies nicht in Anbetracht dessen, dass er sich erst vorige Woche, also kurz vor der Verhandlun­g, volltrunke­n in ein Auto gesetzt und versucht hatte, dieses zu starten.

Davon erfuhr Richter Edler allerdings erst während der Verhandlun­g von dem Polizeizeu­gen. Nachbarn sei der Mann aufgefalle­n, weil er schon in der Wohnung so laut gewesen sei. Der Angeklagte sei mit 1,6 Promille erneut in Gewahrsam genommen worden. In der Zelle hätte er so sehr gegen die Türe geschlagen, dass er sich an der Hand verletzte und ins Klinikum gebracht werden musste. Dieser Vorfall zeige die Gleichgült­igkeit des Angeklagte­n gegenüber unseren Vorschrift­en, so Edler: „Wenn so etwas noch einmal vorkommt, dann sehe ich schwarz.“

„Sie müssen spüren, dass es Straftaten waren.“Deshalb ordnete der Richter eine Geldauflag­e von 200 Euro an, die der Mann an den Hilfs- und Wohltätigk­eitsverein zu zahlen hat. Für die nächsten 16 Monate darf er keine Fahrerlaub­nis erhalten. Dem Mann wurde ein Bewährungs­helfer zur Seite gestellt.

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Foto: Archiv/dennis Straub An einer Laterne am Heidenheim­er Schiller-kreisel endete die Fahrt für den Angeklagte­n Ende August 2020.

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