Inspiration beim Sternenhimmel
Oliver Aeugle ist einer der erfolgreichsten Handballer im Landkreis. Doch auch der 31-Jährige durchlief eine harte Zeit, wovon einige seiner Tätowierungen zeugen.
Handballer Oliver Aeugle vom HSB erzählt zum ersten Mal öffentlich von seinen Tattoos.
Es reicht. Diese Saison sollte Oliver Aeugles letzte werden. „Weil ich schon auch ein bisschen älter bin und die Wehwehchen nach den Spielen größer werden“, sagt der 31-Jährige mit einem Augenzwinkern. Aeugle muss beruflich körperlich anpacken. Als Maler und Lackierer. Bemerkenswert: Diese Doppelbelastung hat ihn nie daran gehindert, höherklassig Handball zu spielen. So schaffte es der Heidenheimer bis in die Württembergliga, die fünfthöchste Klasse in Deutschland.
Begonnen hat alles in der Jugend des HSB. Den anschließenden Wechsel bei den Aktiven zum ewigen Lokalrivalen, der TSG Schnaitheim, nahmen ihm bei seinem Heimatverein einige krumm. Zusammen mit seinem Bruder Michael wagte Oliver Aeugle aber den Sprung – damals in die Landesliga. „Mein Bruder hat in mir das Talent gesehen und mir immer gesagt, dass ich das Zeug dazu habe, höherklassig zu spielen“, sagt Oliver Aeugle. Ohne seinen Förderer, wie er seinen älteren Bruder Michael nennt, hätte er den Schritt als junges Talent wohl nicht gewagt.
Blick in den Sternenhimmel
Kein Wunder also, dass Oliver Aeugle sein erstes Tattoo seinem Bruder gewidmet hat. Wann er es sich hat stechen lassen hat, weiß er nicht mehr ganz genau – 2012 oder 2013. Wichtiger ist die Bedeutung: „Wir hatten zu Hause anfangs keine Rollläden und so habe ich vorm Schlafen den Sternenhimmel betrachtet“, erzählt Aeugle. Zwei Sterne hätten dabei stärker geleuchtet als alle anderen. „So kam es mir zumindest vor“, fügt er an. Und eben zwei Sterne hat er auf die rechte Hand tätowieren lassen. Den größeren hat er seinem Bruder Michael gewidmet, der kleinere symbolisiert ihn selbst. „Zu Michael habe ich immer aufgeschaut und bin froh, dass ich die Handballzeit mit ihm zusammen verbringen konnte“, sagt Oliver Aeugle.
Kurios: Über die Bedeutung des ersten Tattoos und der folgenden vier hat er auch mit seinen Eltern nie groß geredet. Und eigentlich auch sonst mit niemandem. Doch trotz seines Bruders als enorm wichtiger Bezugsperson war der Anfang bei der TSG Schnaitheim sehr schwierig, erinnert sich Oliver Aeugle. „Ich saß oft auf der Bank. Das kratzt natürlich am Selbstvertrauen und auch am Ego“, räumt er ein.
Ein Zurück hätte es damals aber nicht gegeben. „Eher hätte ich ganz aufgehört“, sagt Oliver Aeugle rückblickend. Doch statt sich Fragen hinzugeben wie „Bin ich gut genug für die Liga?“, arbeitete er viel an sich. „Ich habe viel Zeit investiert neben dem normalen Training, um die körperlichen Defizite, was Gewicht und Kraft angeht, auszugleichen.“
Und das sollte sich auszahlen. „Die Zuschauer haben irgendwann gesehen, dass ein guter Spieler in mir steckt und immer wieder meinen Einsatz gefordert. Ich habe schließlich meine Chance bekommen und sie genutzt“, erzählt Aeugle. Ein zweites Tattoo steht für diese äußerst herausfordende Zeit: Seinen linken Fuß ziert das Wort „Fighter“, also Kämpfer. Vor und nach dem Wort ist die Herzschlaglinie zu sehen. Das Motiv erinnert ihn daran, dass er nicht aufgegeben hat. „Ich war aber echt kurz davor, das Handtuch zu schmeißen“, räumt Aeugle ein. Der Fuß sei dabei die schlimmste Stelle gewesen, was das Tätowieren angeht.
Hoher Aufwand in Vöhringen
Doch bei der Landesliga blieb es nicht. Oliver Aeugle wechselte zum SC Vöhringen in die Württembergliga. „Eine super Zeit, aber der Aufwand war schon echt heftig“, sagt er. Sogar zu „Heimspielen“musste er ja eine dreiviertel Stunde anfahren. Samstags ging es für ihn um 12 Uhr mittags aus dem Haus, erst kurz vor Mitternacht kam er wieder zurück. Dazu kamen drei Trainingseinheiten unter der Woche. Und dennoch: „Ich habe viel gelernt und mir meinen Traum, in der Württembergliga zu spielen, erfüllt“, freut sich Aeugle.
In Vöhringen spielte er mit Sandro Jooß zusammen. Und der damalige Trainer der SHB lotste ihn schließlich zur Spielgemeinschaft, die damals frisch in die Württembergliga aufgestiegen war. Damit verringerte sich auch der Aufwand enorm.
Auf der linken Schulter folgte schließlich das dritte Tattoo: „unbreakable“mit einer Glascheibe daneben (unzerbrechlich/unzerstörbar). Es erinnert an den Film mit Bruce Willis und Samuel L. Jackson. „Und es spiegelt meine Eigenart wider“, sagt Aeugle. Das Tattoo stehe nicht nur für körperliche, sondern auch für psychische Kraft.
Religiöses Tattoo am Oberarm
Auf dem rechten Oberarm (Innenseite) hat er sich zudem das allsehende Auge der Illuminati stechen lassen. „Es soll quasi über mich wachen“, sagt Aeugle. Das größte Tattoo, ein religiöses, schmückt aber den rechten Oberarm außen: zwei betende Hände mit einem Rosenkranz. „Sie bedeuten für mich Dankbarkeit. In erster Linie meinen Eltern gegenüber, da sie immer zu 100 Prozent zu mir stehen, egal was kommt“, erklärt Aeugle.
Das an der Kette hängende Kreuz verbindet er mit Schmerz und Hoffnung zugleich. „Ich hatte sehr viele schlechte, aber auch sehr viele gute Zeiten. Und das soll es widerspiegeln.“Die darunter abgebildete weiße Taube stehe für Freiheit. „Jeder glaubt schließlich an etwas und daran, dass etwas noch Größeres existiert“, sagt Aeugle.
Wie es weitergehen soll, weiß er dabei bereits. Zumindest was die Tattoos angeht. Wahrscheinlich kommen die Anfangsbuchstaben seiner Mutter, seines Vaters sowie seines Bruders dazu.
Bevorstehendes Karriereende?
Wie und wann er seine sportliche Karriere beenden soll, weiß Oliver Aeugle dagegen noch nicht genau. „Ich wollte ja noch einmal voll durchziehen, um danach chillig in die Handballrente zu gehen. Aber die Saison wurde ja abgebrochen, ohne dass wir einmal gespielt haben“, sagt er.
Ob er also einfach so von 100 auf 0 nach ganzen 23 Jahren Handball herunterfahren kann? „Ich kann ja mal, wenn es wieder so weit ist, im Training vorbeischauen und sehen, ob die Lust entfacht wird“, sagt Oliver Aeugle. Für den Handball-ruhestand reicht es also womöglich noch nicht ganz.
Ich hatte sehr viele schlechte, aber auch sehr viele gute Zeiten. Das soll es widerspiegeln.
Oliver Aeugle, Handballer
über das an der Kette hängende Kreuz