Wie viele Übungsleiter bleiben übrig?
Der Württembergische Landessportbund befürchtet einen möglichen Schwund von Übungsleitern in den Vereinen. Im vergangenen Jahr sind nur halb so viele Lizenzen ausgestellt worden als sonst.
Der Württembergische Sportbund sorgt sich um eine Trainerflaute. Der Landkreis Heidenheim liegt knapp über der Landesquote.
Kaum einer kennt sie, meistens agieren sie im Hintergrund und großes Geld gibt es auch nur für die wenigsten: In ganz Württemberg gibt es 29 923 lizenzierte Übungsleiter und Trainer. Nun sorgt sich der Württembergische Landessportbund (WLSB) wegen der Pandemie um den Fortbestand des nach dem Sportler wohl wichtigsten Standes innerhalb eines Sportvereins. So wurden im vergangenen Jahr nur 550 neue Übungsleiter-lizenzen durch den Verband ausgestellt. „Normalerweise sind es gut doppelt so viele“, sagt Thomas Müller, Pressesprecher des WLSB.
120 Lerneinheiten zum Trainer C
Allein im Kreis Heidenheim gibt es 740 gültige Lizenzen, die auf 135 Vereine verteilt sind. Damit liegt der Kreis mit einer Dichte von 5,5 Lizenzen pro Verein über dem württembergischen Gesamtdurchschnitt, der bei 5,3 liegt. Über die Trainerhäufigkeit in den einzelnen Disziplinen wird auch in Stuttgart nicht Buch geführt. „Es ist aber davon auszugehen, dass es beim Fußball die meisten Lizenzinhaber gibt“, so Müller.
Etwa 120 Lerneinheiten mit je einer dreiviertel Stunde an einer Landessportschule sowie eine schriftliche oder mündliche Prüfung sind notwendig, um die sogenannte C-lizenz zu erlangen. Hinzu kommt eine rund 20-minütige Lehrprobe mit schriftlicher Ausarbeitung. Je nach Sportart können dieses Werte variieren. Jede Lizenz ist in ganz Deutschland vier Jahre gültig. Innerhalb dieser Zeit müssen mindestens 15 Lerneinheiten in Fortbildungskursen erbracht werden, um die Lizenz halten zu können.
Durch die Pandemie und der damit einhergehenden Schließung der Sportschulen ist das jedoch problematisch. Die Vorgehensweise bei der Lizenzverlängerung ist derzeit von Verband zu Verband unterschiedlich. Einige verlängern Lizenzen pauschal um ein Jahr, andere nicht, da es Online-angebote gibt. „Deshalb sollte man am besten beim zuständigen Fachverband nachfragen“, rät Pressesprecher Müller.
Trainingsroutine fehlt
Die Gefahr eines Trainerschwunds sei laut WLSB durchaus gegeben. Schließlich führe der Stillstand auch zu einer Art Entwöhnung von der wöchentlichen Trainings-routine. Allerdings hätten auch sehr viele Übungsleiter gerade im zweiten Lockdown viel Zeit und Energie aufgebracht, um mit ihren Sportlern in Kontakt zu bleiben oder Online-trainingseinheiten anzubieten. Dieses Kontakthalten sei überaus wichtig. „Gerade bei Mannschaftssportarten braucht man beim Neustart wieder genügend Sportler, um an einer Spielrunde teilnehmen zu können“, sagt Müller.
Im praktischen Bereich des Sports ist die Planung des Ausund Fortbildungsangebots aktuell sehr schwierig. Die Präsenz in einer Halle oder auf einem Platz ließe sich durch Online-angebote einfach nicht adäquat ersetzen. Bei den theoretischen Teilen laufe aber inzwischen einiges übers Internet.
Die bisherigen Erfahrungen des Verbands zeigen, dass ein gewisser Anteil der Aus- und Fortbildungen digital erfolgen kann. Deshalb soll dieses Angebot auch weiter vergrößert werden. In welchem Umfang dabei die einzelnen Sportfachverbände mitziehen können, sei schwer einzuschätzen. Denn die Sportarten seien doch recht unterschiedlich.
In den vergangenen zwölf Monaten waren die beiden württembergischen Sportschulen in Albstadt und Ostfildern-ruit insgesamt acht Monate geschlossen, lediglich Trainingseinheiten und Lehrgänge einzelner Kader waren erlaubt. Zudem sei in der Sommerzeit von Mitte Juli bis Mitte September, also in den Ferien, ohnehin nicht viel Betrieb in den Landessportschulen.
„Inzwischen ist fast ein komplettes Bildungsjahr weitestgehend ausgefallen. Wir gehen daher davon aus, dass es einen erheblichen Nachholbedarf gibt“, sagt Müller sorgenvoll. „Es gibt zwar schon Überlegungen, wie sich dieser bewältigen lässt. Aber derzeit geht es vor allem um die Frage, wann und unter welchen Auflagen die Landessportschulen überhaupt wieder öffnen dürfen.“
Die Lage bei den Vereinen
Obwohl der WLSB in Sorge um die Trainer und deren Nachwuchs ist, sieht die Lage etwa bei der TSG Schnaitheim nach eineinhalb Jahren Corona und zweieinhalb Lockdowns etwas entspannter aus. „Unsere Trainer sind wild darauf, endlich wieder anfangen zu dürfen“, sagt Wolfgang Schön, Vorsitzender der TSG. „Besonders unsere Fußballer zieht es raus.“Anders hingegen bei der American-football-abteilung, den „Ostalb Highlanders“: Dort wurde ziemlich bald erkannt, dass man so viele kleine Gruppen während einer Trainingseinheit gar nicht betreuen kann und dass es an Trainern fehle.
Äußerst aktiv sei die Taekwondo-abteilung des Vereins. Dort hätten sich die Trainer frühzeitig um ein Online-angebot mit einer koreanischen Kampfschule gekümmert. „Da es sich allerdings um einen Vollkontakt-sport handelt sind dort eben auch nur Trockenübungen möglich“, erklärt Schön. Generell sieht der Tsgvorsitzende keine Gefahr darin, dass Sportler und Trainer durch die lange Durststrecke aufhören könnten. „Ich glaube, dass die Identifikation unserer Mitglieder mit uns als Vorstadtverein eine ganz andere ist. Außerdem haben wir tolle Online-angebote, die zwar den ‚echten Sport’ nicht ersetzen können, aber das beste Angebot für diese Zeit sind.“
Weniger optimistisch sind im Moment Handballtrainerin Stefanie Renner von der TSV Herbrechtingen und Fußballtrainer Rainer Schaller vom TV Steinheim. „Den Trainern wird so viel abverlangt, der organisatorische Aufwand ist ins Unermessliche gestiegen“, berichtet Renner. Allein in der Handballabteilung seien fünf Trainer weggebrochen, noch immer laufe die Suche nach Nachfolgern.
Schaller war es indes im Mai 2020 gelungen, einen Trainerlehrgang nach Steinheim zu holen, zehn Kandidaten haben daran teilgenommen. Jetzt allerdings fehlen noch weitere Einheiten speziell für den Kinder- und Jugendbereich, wegen des Virus wurde aber alles wieder abgesagt. „Von zehn möglichen Trainern habe ich jetzt nur noch zwei, die sich vorstellen können, im Herbst weiterzumachen.“