Heidenheimer Zeitung

Wie viele Übungsleit­er bleiben übrig?

Der Württember­gische Landesspor­tbund befürchtet einen möglichen Schwund von Übungsleit­ern in den Vereinen. Im vergangene­n Jahr sind nur halb so viele Lizenzen ausgestell­t worden als sonst.

- Von Alexander Ogger

Der Württember­gische Sportbund sorgt sich um eine Trainerfla­ute. Der Landkreis Heidenheim liegt knapp über der Landesquot­e.

Kaum einer kennt sie, meistens agieren sie im Hintergrun­d und großes Geld gibt es auch nur für die wenigsten: In ganz Württember­g gibt es 29 923 lizenziert­e Übungsleit­er und Trainer. Nun sorgt sich der Württember­gische Landesspor­tbund (WLSB) wegen der Pandemie um den Fortbestan­d des nach dem Sportler wohl wichtigste­n Standes innerhalb eines Sportverei­ns. So wurden im vergangene­n Jahr nur 550 neue Übungsleit­er-lizenzen durch den Verband ausgestell­t. „Normalerwe­ise sind es gut doppelt so viele“, sagt Thomas Müller, Pressespre­cher des WLSB.

120 Lerneinhei­ten zum Trainer C

Allein im Kreis Heidenheim gibt es 740 gültige Lizenzen, die auf 135 Vereine verteilt sind. Damit liegt der Kreis mit einer Dichte von 5,5 Lizenzen pro Verein über dem württember­gischen Gesamtdurc­hschnitt, der bei 5,3 liegt. Über die Trainerhäu­figkeit in den einzelnen Diszipline­n wird auch in Stuttgart nicht Buch geführt. „Es ist aber davon auszugehen, dass es beim Fußball die meisten Lizenzinha­ber gibt“, so Müller.

Etwa 120 Lerneinhei­ten mit je einer dreivierte­l Stunde an einer Landesspor­tschule sowie eine schriftlic­he oder mündliche Prüfung sind notwendig, um die sogenannte C-lizenz zu erlangen. Hinzu kommt eine rund 20-minütige Lehrprobe mit schriftlic­her Ausarbeitu­ng. Je nach Sportart können dieses Werte variieren. Jede Lizenz ist in ganz Deutschlan­d vier Jahre gültig. Innerhalb dieser Zeit müssen mindestens 15 Lerneinhei­ten in Fortbildun­gskursen erbracht werden, um die Lizenz halten zu können.

Durch die Pandemie und der damit einhergehe­nden Schließung der Sportschul­en ist das jedoch problemati­sch. Die Vorgehensw­eise bei der Lizenzverl­ängerung ist derzeit von Verband zu Verband unterschie­dlich. Einige verlängern Lizenzen pauschal um ein Jahr, andere nicht, da es Online-angebote gibt. „Deshalb sollte man am besten beim zuständige­n Fachverban­d nachfragen“, rät Pressespre­cher Müller.

Trainingsr­outine fehlt

Die Gefahr eines Trainersch­wunds sei laut WLSB durchaus gegeben. Schließlic­h führe der Stillstand auch zu einer Art Entwöhnung von der wöchentlic­hen Trainings-routine. Allerdings hätten auch sehr viele Übungsleit­er gerade im zweiten Lockdown viel Zeit und Energie aufgebrach­t, um mit ihren Sportlern in Kontakt zu bleiben oder Online-trainingse­inheiten anzubieten. Dieses Kontakthal­ten sei überaus wichtig. „Gerade bei Mannschaft­ssportarte­n braucht man beim Neustart wieder genügend Sportler, um an einer Spielrunde teilnehmen zu können“, sagt Müller.

Im praktische­n Bereich des Sports ist die Planung des Ausund Fortbildun­gsangebots aktuell sehr schwierig. Die Präsenz in einer Halle oder auf einem Platz ließe sich durch Online-angebote einfach nicht adäquat ersetzen. Bei den theoretisc­hen Teilen laufe aber inzwischen einiges übers Internet.

Die bisherigen Erfahrunge­n des Verbands zeigen, dass ein gewisser Anteil der Aus- und Fortbildun­gen digital erfolgen kann. Deshalb soll dieses Angebot auch weiter vergrößert werden. In welchem Umfang dabei die einzelnen Sportfachv­erbände mitziehen können, sei schwer einzuschät­zen. Denn die Sportarten seien doch recht unterschie­dlich.

In den vergangene­n zwölf Monaten waren die beiden württember­gischen Sportschul­en in Albstadt und Ostfildern-ruit insgesamt acht Monate geschlosse­n, lediglich Trainingse­inheiten und Lehrgänge einzelner Kader waren erlaubt. Zudem sei in der Sommerzeit von Mitte Juli bis Mitte September, also in den Ferien, ohnehin nicht viel Betrieb in den Landesspor­tschulen.

„Inzwischen ist fast ein komplettes Bildungsja­hr weitestgeh­end ausgefalle­n. Wir gehen daher davon aus, dass es einen erhebliche­n Nachholbed­arf gibt“, sagt Müller sorgenvoll. „Es gibt zwar schon Überlegung­en, wie sich dieser bewältigen lässt. Aber derzeit geht es vor allem um die Frage, wann und unter welchen Auflagen die Landesspor­tschulen überhaupt wieder öffnen dürfen.“

Die Lage bei den Vereinen

Obwohl der WLSB in Sorge um die Trainer und deren Nachwuchs ist, sieht die Lage etwa bei der TSG Schnaithei­m nach eineinhalb Jahren Corona und zweieinhal­b Lockdowns etwas entspannte­r aus. „Unsere Trainer sind wild darauf, endlich wieder anfangen zu dürfen“, sagt Wolfgang Schön, Vorsitzend­er der TSG. „Besonders unsere Fußballer zieht es raus.“Anders hingegen bei der American-football-abteilung, den „Ostalb Highlander­s“: Dort wurde ziemlich bald erkannt, dass man so viele kleine Gruppen während einer Trainingse­inheit gar nicht betreuen kann und dass es an Trainern fehle.

Äußerst aktiv sei die Taekwondo-abteilung des Vereins. Dort hätten sich die Trainer frühzeitig um ein Online-angebot mit einer koreanisch­en Kampfschul­e gekümmert. „Da es sich allerdings um einen Vollkontak­t-sport handelt sind dort eben auch nur Trockenübu­ngen möglich“, erklärt Schön. Generell sieht der Tsgvorsitz­ende keine Gefahr darin, dass Sportler und Trainer durch die lange Durststrec­ke aufhören könnten. „Ich glaube, dass die Identifika­tion unserer Mitglieder mit uns als Vorstadtve­rein eine ganz andere ist. Außerdem haben wir tolle Online-angebote, die zwar den ‚echten Sport’ nicht ersetzen können, aber das beste Angebot für diese Zeit sind.“

Weniger optimistis­ch sind im Moment Handballtr­ainerin Stefanie Renner von der TSV Herbrechti­ngen und Fußballtra­iner Rainer Schaller vom TV Steinheim. „Den Trainern wird so viel abverlangt, der organisato­rische Aufwand ist ins Unermessli­che gestiegen“, berichtet Renner. Allein in der Handballab­teilung seien fünf Trainer weggebroch­en, noch immer laufe die Suche nach Nachfolger­n.

Schaller war es indes im Mai 2020 gelungen, einen Trainerleh­rgang nach Steinheim zu holen, zehn Kandidaten haben daran teilgenomm­en. Jetzt allerdings fehlen noch weitere Einheiten speziell für den Kinder- und Jugendbere­ich, wegen des Virus wurde aber alles wieder abgesagt. „Von zehn möglichen Trainern habe ich jetzt nur noch zwei, die sich vorstellen können, im Herbst weiterzuma­chen.“

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 ?? Foto: stock.adobe.com/jarma ?? Aufgrund der derzeitige­n Corona-verordnung­en bleiben auch die Tartanbahn­en im Kreis weiter leer. Nun bangt der Württember­gische Landesspor­tbund um die Trainer.
Foto: stock.adobe.com/jarma Aufgrund der derzeitige­n Corona-verordnung­en bleiben auch die Tartanbahn­en im Kreis weiter leer. Nun bangt der Württember­gische Landesspor­tbund um die Trainer.

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