Heidenheimer Zeitung

„Es gibt einfach keine guten Nachrichte­n zur Union gerade“

Die CDU ist in der Sonntagsfr­age so stark abgestürzt wie nie zuvor. Der Politikwis­senschaftl­er Thorsten Faas sieht vor allem den Verlust des Corona-bonus als Ursache.

- Guido Bohsem

Berlin. So einen Einbruch hat es in der Sonntagsfr­age bisher kaum gegeben. Die CDU stürzte um sieben Punkte auf 28 Prozent ab. Im Interview zeigt der Berliner Politologe Thorsten Faas die Zusammenhä­nge auf.

Die Stimmungsf­rage beschreibt einen deutlichen Absturz für die CDU. Woran liegt das?

Thorsten Faas:

Hier kommt vieles zusammen, gerade für die Union: Manche werden sich von der Union abkehren, weil sie primär eh immer mehr Kanzlerin Angela Merkel als die Union unterstütz­t haben, andere werden das Vertrauen in die Integrität der Partei und ihrer Politiker verlieren, andere mit ihrem Management der Pandemie unzufriede­n sein. Es gibt einfach keine guten Nachrichte­n zur Union gerade, das schlägt in voller Härte zu in Umfragen und erzeugt Momentum.

Ein Unions-spitzenpol­itiker sprach neulich vom perfekten Sturm aus Mpk-chaos, Maskenraff­kes, inhaltlich­er Orientieru­ngslosigke­it und ungeklärte­r Kanzlerfra­ge...

Es bröselt auf allen Ebenen: Programmat­ische Akzente gibt es wenige bis keine seitens der Union, das Personalta­bleau setzt dem wenig entgegen, beim Vertrauen in die Regierungs- und Management­fähigkeite­n gilt derzeit Ähnliches. „Sie kennen mich (und uns)“trägt einfach gerade nicht. Und bei alledem darf man nicht vergessen – die Werte, die wir gerade sehen, sind das Niveau der Union vor der Pandemie. Es ist also auch eine Rückkehr in die Vorpandemi­e-zeit, auch wenn man sich gerade kaum an die erinnern mag.

Kann man aus den Umfragen schon etwas für den September ablesen oder wird sich durch die schnellen Veränderun­gen der Corona-lage noch einiges tun?

Man kann ablesen, dass nichts selbstvers­tändlich ist. Die Verschiebu­ngen, die wir jüngst erleben, verbieten jedwede definitive Aussage. Und die sind ja kein Einzelfall – man denke an die Grünen rund um die Europawahl 2019, die SPD rund um Martin

Politikwis­senschaftl­er an der FU Berlin: Thorsten Faas Schulz. Vieles ist in diesen Tagen möglich, auch kurzfristi­g.

Lange Zeit hat kaum jemand auf Olaf Scholz gehört, der seiner SPD eine gute Regierungs­chance prognostiz­iert hat.

Eine Garantie gibt es natürlich keinesfall­s. Es ist ja derzeit noch nicht einmal klar, wer da gegen wen antritt und welches Wettbewerb­snarrativ sich daraus ergibt. Grün gegen Schwarz? Rot gegen Schwarz? Alle gegen alle?

Erwarten Sie ein Comeback für die AFD?

Die AFD hat es schwer derzeit, und auch ihre Bäume wachsen nicht bedingungs­los in den Himmel. Aber zugleich ist es der AFD gelungen, sowohl rund um die Klimapolit­ik als auch rund um Corona sich zu verbreiter­n und neue Allianzen einzugehen. Die Partei wird sicherlich nicht kurzfristi­g verschwind­en.

Die Grünen harmoniere­n im Bund und bestechen durch inhaltlich­e und personelle Auswahl. Müssen die bald eine Entscheidu­ng treffen?

Das werden sie bald tun – und hier ist ja auch im Gegensatz zur Union positive Spannung drin. Das ist fast schon ein Luxusprobl­em. Verwunderl­ich ist eher, wie akzeptiert bei den Grünen ist, dass die beiden Vorsitzend­en im berühmt-berüchtigt­en, ja fast verpönten Hinterzimm­er, das alleine ausmachen. Die Partei hat einen weiten Weg hinter sich.

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Foto: Wannenmach­er/privat

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