Ampelträume
So schnell kann es gehen. War bisher gerne von Schwarz-grün als Zukunft der Republik die Rede, leuchten im politischen Berlin nach Unions-korruptionsskandalen und von der CDU verlorenen Landtagswahlen allerorten die Ampeln auf. Angesichts rapide sinkender Beliebtheitswerte der CDU stellt sich deswegen auch unabhängig vom Ausgang der Koalitionsverhandlungen im Südwesten die Frage: Ist Grün-rot-gelb was für den Bund?
Inhaltlich birgt ein Bündnis aus Grünen, SPD und FDP einiges an Modernisierungspotential. In den Verwaltungen etwa hat die Pandemie endgültig den massiven Digitalisierungsstau offenbart. Mit den Liberalen, die eine effizientere Bürokratie als Markenkern in sich tragen, könnte diese föderale Mammutaufgabe vorangetrieben werden. Die Grünen könnten sich ausgiebig der ökologischen Modernisierung widmen, während die SPD sich in einer solchen Koalition als das soziale Gewissen profilieren müsste. Mit einer Anhebung von Mindestlohn und Spitzensteuersatz bewerben sich die Sozialdemokraten bereits für diese Rolle.
Manch Konservativer wird da bereits nervös. Wo bleibt in Zukunft die Union, wenn die Wirtschaft von der FDP, die Umwelt von den Grünen und das Soziale von der SPD abgedeckt werden, wird CDU-CHEF Laschet zitiert. Die FDP müsse nun Farbe bekennen, twittert Csu-general Blume.
Diesen Gefallen werden die Liberalen ihm wohl nicht tun. So zerstört Parteichef Lindner die Ampelträume immer wieder mal, weil ihm Grüne und Rote zu links daher kommen. Es dauert in der Regel aber nicht lange, bis sein General Volker Wissing, einer der Architekten der geräuschlos funktionierenden Mainzer Ampel, die Träumer wieder beflügelt.
Vielen Liberalen ist die letzte Koalition mit der Union, nach der man aus dem Bundestag flog, traumatisch in Erinnerung geblieben – genauso wie der Spott vieler Konservativer hinterher. Gerne wird auch betont, dass es die Union war, die die FDP bei Jamaika am langen Arm hat verdursten lassen. Die CDU im Bund überflüssig zu machen wäre einigen Liberalen da eine süße Rache.
Auch bei den Grünen, die offen mit der Union flirten, gibt es den ein oder anderen, der der FDP näher steht als der CDU. Die grundsätzliche Abneigung, die man ehemals empfand, ist in weiten Teilen passé – zumal beide
Inhaltlich birgt ein Bündnis aus Grünen, SPD und FDP Potential für Modernisierung.
Parteien dasselbe Milieu anziehen. An Spd-kanzlerkandidat Scholz würde eine Ampel sowieso nicht scheitern. Selbst Linksaußen Kevin Kühnert hält das Modell für denkbar, wenngleich die Äußerung wohl eher taktischer Natur ist. Einfach würden Kompromisse vor allem in Steuerfragen nicht – wenngleich auch nicht unmöglich.
Vielleicht wären allzu viele davon auch gar nicht nötig. So verweisen vor allem Liberale gerne auf erfolgreiche Modelle in Mainz und Düsseldorf, wo sich Regierungsarbeit nicht auf kleinste gemeinsame Nenner beschränkt, sondern Spielfelder abgesteckt wurden, auf denen sich Koalitionspartner austoben und profilieren dürfen. Schließlich funktionieren Ampeln auch im Verkehr nur dann, wenn jede Farbe mal strahlen darf.