Sehhilfe für Rom
Der Aufruhr in der katholischen Kirche ist breit. Und er erfasst Priester und Bischöfe. Mit dem jüngsten Nein der Glaubenskongregation zur Segnung homosexueller Partnerschaften hat Rom auch in den Augen vieler Kleriker eine Linie der Zumutungen überschritten. Dass Motorräder und Autobahnabschnitte gesegnet werden dürfen, die Partnerschaft zweier Männer oder Frauen, die sich Liebe und Treue zusichern, aber nicht, will außer Ultra-konservativen keiner mehr verstehen. Dabei formuliert der Brief aus Rom nur neu, was seit langem an alter katholischer Sexuallehre niedergeschrieben ist. Und daran, so die Glaubenskongregation, möge sich auf immer und ewig auch nichts ändern.
Das vermutlich von konservativen Kreisen in Deutschland bestellte Schreiben muss als Stoppschild gedeutet werden für den innerkirchlichen Reformprozess. Kleriker und Laien sollen sich beim Synodalen Weg ja nicht erdreisten, Beschlüsse zu fassen, die vermeintliche Gewissheiten der Weltkirche in Frage stellen könnten. Dabei tritt die Theologie nicht auf der Stelle. Hass und Verunglimpfungen, die vor gar nicht so langer
Zeit noch im Namen der Religion verkündet wurden, mussten immer wieder von Kirchenverantwortlichen als Irrweg eingestanden werden. Auch die Diskriminierung von Homosexuellen und anderen Minderheiten löst heute zurecht Widerspruch aus.
Gott schuf Männer und Frauen nach seinem Ebenbild. Von einer Abstufung der Schöpfung in mehr oder weniger Geliebte liest man in der Bibel nichts. Vielmehr: Gott sah, dass es gut war. Rom tut das anscheinend nicht. Ein breiter Aufschrei von Klerikern und Laien kann da eine überfällige Sehhilfe sein.