Pionierarbeit mit Laser und Köpfchen
Das Heidenheimer Maschinenbauunternehmen Christian Maier Gmbh & Co. KG experimentiert seit zwei Jahren mit Lasertechnik. Das Entwickler-team hat unterdessen bereits marktreife Meilensteine gesetzt.
Die heutige technisch hochentwickelte Welt ist die Summe der Erfahrungen, die findige Vorreiter von Generation zu Generation gesammelt, geordnet und weitergegeben haben. Über die Zeit blieb kaum ein Bereich unerforscht. Im 21. Jahrhundert gilt es deshalb nur noch selten, das Rad komplett neu zu erfinden. Doch im übertragenen Sinne ist genau damit die Firma Christian Maier Gmbh & Co. KG aus Schnaitheim beschäftigt. „Wir sind auf einem guten Weg, der kompetente Lösungsanbieter im Bereich Laserbeschichtung zu werden“, sagt Geschäftsführer Florian Maier. „Nur wenige Unternehmen in Europa sind auf diesem Gebiet so weit wie wir.“
Noch keine Lehrbücher
Tatsächlich gibt es noch keine Lehrbücher zu diesem Thema, keine Din-normen und auch keine Tabellen. Grundlage allen Tuns ist allein das Tun selbst, es gilt, Parameter und Grenzbereiche auszuloten. Welches Mischungsverhältnis ist für metallische Verbundwerkstoffe ideal? Mit welcher Verarbeitungstemperatur sollten Hartlegierungen auf Eisen-, Nickel- oder Kobalt-basis aufgetragen werden? Der Materialwissenschaftler Taner Halvaci, der Projektbetreuer Yury Fahr (Technischer Betriebswirt) und der Zerspanungsmechaniker Philipp Drexler versuchen, auf Fragen wie diese in Theorie und Praxis Antworten zu finden: „Hier ist Kreativität gefragt, denn nicht jede Beschichtung lässt sich auf jeden Grundwerkstoff auftragen. Die Entwicklungsabteilung ist für uns eine Spielwiese, aus unseren Ergebnissen werden Standards für die Zukunft abgeleitet.“
FH Aalen unterstützt
Unterstützung bekommen sie sowohl von der Fachhochschule Aalen als auch von Experten des Fraunhofer-instituts für Lasertechnik. Nach jedem Testlauf wird im hauseigenen Labor mit modernster Technik nachgemessen. Zeigt die Oberfläche Risse, liegt die Höhe der Porosität in einem zufriedenstellenden Bereich? Der Probenquerschliff gibt Aufschluss über kleinste Abweichungen in der Schichtdicke, die je nach Bedarf zwischen 50 und 500 Mikrometer variiert. Auf dem Prüfstand muss die Laserbeschichtung am Ende alle Anforderungen, die auch an herkömmlich beschichtete Drehdurchführungen gestellt werden, erfüllen.
Auf Anregung von Business Development Manager Günther Schwenk wurde mehr als eine Million Euro in das Technologiezentrum investiert. Seine Grundvision: Bearbeitungszeiten senken, individuelle Beschichtungen herstellen und Produkteigenschaften wie Korrosion und Verschleiß verbessern. Sein übergeordnetes Ziel: Für jede Anfrage eines Kunden, einerlei aus welcher Branche, eine individuelle Lösung finden. Nach zwei Jahren intensiver Forschung sind inzwischen Meilensteine gesetzt. Eine keramische Beschichtung beispielsweise wurde standardisiert. Schon heute bekommen eigene Produkte auf diese Weise ihren Feinschliff. Auch stark beanspruchte Teile, die Kunden zur Reparatur in Auftrag geben, werden auf diese Weise aufgearbeitet. Punktgenau lassen sich Schäden beheben.
Wenige Minuten genügen
Ist beispielsweise die Grundsubstanz in Mitleidenschaft gezogen, kann innerhalb weniger Minuten eine neue, stabile Festigkeit gebende Oberfläche aufgetragen werden – beim traditionellen Verfahren sind vier bis sechs Wochen Bearbeitungszeit erforderlich. Drei weitere Vorteile: keine Vorbehandlung der Oberfläche erforderlich, dadurch Verkürzung der Prozesskette, Erhöhung der Schichtqualität (schmelzmetallurgische Anbindung). Der Pulverausnutzungsgrad ist sehr hoch. Günther Schwenk: „Zudem ist Lasertechnik nachhaltig. Teile, die früher ausgetauscht werden mussten, haben nun Aussehen und Eigenschaften von Neuware.“Durch ein kleines Sichtfenster kann der Laser bei der Arbeit beobachtet werden. Ein spezielles Sicherheitsglas verhindert, dass dabei die Augen Schaden nehmen.
Punktgenau richtig
30 Sekunden nach Start der Maschine wird aus feinen Düsen Pulver geblasen. Gemeinsam mit dem Laserstrahl, dessen Leistung sich zwischen einem und 4000 Watt regulieren lässt, trifft es punktgenau auf die zu bearbeitende Stelle. Dort verschmelzen die Partikel und verbinden sich mit der Oberfläche. Aktuell liegt die Beschichtungsgeschwindigkeit – in Abhängigkeit der jeweiligen Beschichtungsart – bei maximal 25 Metern pro Minute. Die Aufspannweite beträgt maximal einen Meter. Ist keine Rotation nötig, können auch größere Teile bearbeitet werden. Beim Hantieren mit dem Pulver und beim Öffnen der Kammer ist Vorsicht geboten. Philipp Drexler muss dabei eine Schutzmaske tragen. Er arbeitet derzeit einen weiteren Kollegen in die Bedienung der Maschine ein, der das Team verstärken wird.
Die Entwickler stehen in engem Austausch mit Lieferanten – Lieferanten, die nun zu Kunden werden und Partner suchen für die Optimierung ihrer Produkte. Unter anderem ist die punktgenaue Beschichtung interessant, denn so kann beispielsweise nur der Radius eines Produktes, der besonderen Belastungen ausgesetzt ist, aufgewertet werden. Für den Verschleißschutz stehen neben einer keramischen Beschichtung drei Hartlegierungen auf Eisen-, Nickel- und Kobaltbasis und drei weitere Metallmatrix-verbundwerkstoffe zur Verfügung. Zudem können für die Instandsetzung von verschlissenen Bauteilen auch korrosionsbeständige Stähle und Nickelbasis-superlegierungen aufgetragen werden.
Qualitätsanforderung hoch
Jede neue Beschichtungsart wird so lange getestet, bis sie die hohen Qualitätsanforderungen der Firma Maier erfüllt. Erste Versuche, dass ein Produkt seine Funktionalität durch die Beschichtung erlangt, haben sich als vielversprechend erwiesen. Auch mit Kunststoffteilen aus dem 3D-drucker laufen unter Leitung des Konstrukteurs Christian Hirschbolz Testreihen. Dabei können unter anderem hohe spezifische Festigkeitswerte erreicht werden. Geschäftsführer Florian Maier: „Durch Verfahrenskombination aus Laserauftragsschweißen und Filament 3D-druck ist es nun auch denkbar, Superleichtbauteile anzubieten für Kunden aus der Öl- und Gasindustrie sowie der Luft- und Raumfahrt.“Ansprechpartner Günther Schwenk ist erreichbar unter 07321.317.245 oder per Mail unter guenther. schwenk@maier-heidenheim.de