Ein Jahr vor Olympia mitten im Umbruch
Nach der Zitter-wm für die deutschen Vertreter in Stockholm soll Bundestrainer Dierking neuen Elan bringen.
Hamburg/stockholm. Seit drei Jahren gab es keine internationale Medaille mehr, die Weltklasse ist weit enteilt und Olympia steht quasi vor der Tür – im deutschen Eiskunstlauf gibt es Handlungsund Gesprächsbedarf. „In einer Beziehung würde ich sagen: ‚Wir müssen reden‘“, skizzierte Reinhard Ketterer, Vizepräsident der Deutschen Eislauf-union (DEU), schonungslos die kritische Lage ein Jahr vor den Winterspielen in Peking.
Die Berliner Paarläufer Annika Hocke und Robert Kunkel (13.), die Eistänzer Katharina Müller und Tim Dieck aus Dortmund sowie die Essenerin Nicole Schott (alle 18.) – sie erzitterten mehr das deutsche Olympiaticket, als dass sie es erliefen.
Dem Berliner Paul Fentz (28.) gelang nicht einmal das, der 28-Jährige muss bei der Nebelhorn-trophy Ende September in Oberstdorf „nachsitzen“.
Umdenken gefordert
Und da die Comebackträume von Paarlauf-olympiasiegerin Aljona Savchenko wohl nur Schäume bleiben werden, fordert Ketterer nach der längsten internationalen Deu-durststrecke seit fast 20 Jahren ein zukunftsweisendes Umdenken. „Wir brauchen quasi eine neue Unternehmenskultur. Wir müssen positiver werden und die vorhandenen Stärken unserer Läufer auch stärken“, sagte der ehemalige deutsche Meister.
Ein zum Jahresbeginn umgesetzter doppelter Personalwechsel soll verkrustete Strukturen aufbrechen und frischen Wind in den kleinen Verband bringen. Die 30 Jahre alte neue Sportdirektorin Claudia Pfeifer hat den langjährigen Sportdirektor Udo Dönsdorf abgelöst. Nachfolger von Einzel-bundestrainerin Viola Striegler, die in den Ruhestand ging, ist der Us-amerikaner Robert Dierking.
Auch ohne die sechsmalige Weltmeisterin Savchenko sind die deutschen Perspektiven im Paarlauf noch am besten. Denn im olympischen Winter werden auch die letztjährigen Em-fünften Minerva-fabienne Hase und Nolan Seegert aus Berlin, die in der Globen-arena verletzungsbedingt fehlten, wieder angreifen. „Da sehe ich tatsächlich Licht am Ende des Tunnels. Da sind wir am nächsten dran, mal wieder die Top 6 anzupeilen“, sagte Ex-weltmeister Ingo Steuer der Bild am Sonntag. Der mittlerweile 54 Jahre alte Coach, der Savchenko und deren Partner Robin Szolkowy zu fünf Weltmeistertiteln führte, hat aber wenig Hoffnung, dass der Generationswechsel bei der DEU Wirkung zeigt: „Man sollte erfahrenen Trainern mehr Gehör schenken.“
Mit Mühe zum Olympiaticket: Annika Hocke und Robert Kunkel.