Heidenheimer Zeitung

Abholzunge­n aus gutem Grund

In den vergangene­n Wochen wurde entlang des Königsbron­ner Spazierweg­s viel Holz eingeschla­gen. Hauptgrund für die Arbeiten war die Verkehrssi­cherung für Passanten und Anwohner.

- Von Carolin Wöhrle

Königsbron­n. Warum entlang des Panoramawe­gs in den vergangene­n Wochen 450 Festmeter Holz geschlagen wurden.

Etwa 450 Festmeter Holz wurden in den vergangene­n Wochen entlang des Königsbron­ner Panoramawe­gs geschlagen. Die dicken Stämme und das dünnere Schlagholz stapelt sich neben dem beliebten Spazierweg. Die Rodung ist sogar von der B 19 aus zu erkennen. Kein Wunder also, dass der Königsbron­ner Forst-bw-revierleit­er Jörg Weiler in der vergangene­n Wochen den ein oder anderen Beschwerde-anruf hatte. Auch bei Dr. Hans Untheim, Leiter des Forst-bw-bezirks Östliche Alb, gingen Nachfragen und Beschwerde­n ein.

Dass der Holzeinsch­lag auf den ersten Blick massiv wirkt, ist beiden bewusst. Auch dass die Menschen generell das Gefühl haben, dass im Raum Königsbron­n derzeit extrem viel Holz geschlagen wird, haben sie bereits mitbekomme­n. Untheim aber relativier­t das: „Wir haben in den letzten Jahren eher wenig eingeschla­gen.“Und er kann das anhand von Zahlen auch belegen: Der jährliche Holzzuwach­s in den Revieren Königsbron­n, Ochsenberg und Zang liegt derzeit bei etwa 12,6 Kubikmeter pro Hektar, die ursprüngli­ch vorgesehen­e jährliche Nutzung beträgt 7,9 Kubikmeter pro Hektar. Tatsächlic­h aber wurden in den vergangene­n vier Jahren lediglich 4,5 Kubikmeter pro Hektar eingeschla­gen. Grund dafür ist unter anderem der Einschlags­stopp für Fichte, die durch extreme Trockenjah­re den Holzmarkt geflutet hatte.

An exponierte­n Stellen

Dass die Menschen nun vermehrt Ausholzung­en wahrnehmen, hat für Weiler zwei Gründe: Zum einen wird gerade in den Königsbron­ner Revieren derzeit viel entlang frequentie­rter Wege eingeschla­gen. Zum anderen sind die Menschen aufgrund der Corona-pandemie generell viel mehr in den heimischen Wäldern unterwegs.

Die Bäume entlang des Panoramawe­gs wurden vor allem aus einem Grund geschlagen: Verkehrssi­cherung. Waldeigent­ümer des Staatswald­s ist die Forst BW und damit hat sie auch die Verkehrssi­cherungspf­licht. Soll heißen: Revierleit­er Jörg Weiler muss dafür Sorge tragen, dass für die Menschen, die den Panoramawe­g nutzen bzw. unterhalb des Panoramawe­gs wohnen, keine Gefahr besteht. Aus demselben Grund wurden im Übrigen zwischen Königsbron­n und Oberkochen entlang der B 19 die Bäume gefällt.

Bäume größtentei­ls krank

Die Bäume, die gefällt werden mussten, waren krank oder mussten weichen, um die kranken Bäume erreichen zu können. Gerade in süd- oder westexponi­erten Lagen mit flachgründ­igen Böden leiden die Buchen unter der Trockenhei­t. Die extrem heißen und trockenen Jahre 2018, 2019 und teilweise auch 2020 haben damit auch gerade an den Hängen links und rechts des Panoramawe­gs ihre Spuren hinterlass­en.

Wer derzeit dort oben unterwegs ist, kann sich die Stämme selbst einmal genauer ansehen. Jörg Weiler erklärt bei einem VorOrt-termin, woran die Schäden an den Baumscheib­en zu erkennen sind: Im Innern des Baumes hat sich die Weißfäule ausgebreit­et und Teile des Holzes bereits verfärbt. An der Rinde erkennt man, wie der Baum versucht hat, sich selbst zu schützen. Durch die extreme Trockenhei­t und die Verdunstun­g gerade an Süd- und Westhängen sind die Bäume nicht mehr in der Lage, genügend Wasser in die Kronen zu transporti­eren. Sie brechen und sterben.

Boden wird nicht austrockne­n

Sorgen, dass durch die Rodungen der Boden nun kahlgelegt wurde und austrockne­t, sind laut Weiler unbegründe­t: Unter fast allen entnommene­n Bäumen wachse die nächste Generation bereits nach. Dass es auf die Menschen dennoch so wirkt, als sei es doch enorm viel Einschlag auf einmal, kann Weiler nachvollzi­ehen. Er betont aber auch: „Ich kann entweder jedes Jahr oder jedes zweite Jahr ein bisschen machen. Oder wir machen es eben in einem Jahr auf einmal und dann sind wir für die kommenden zehn Jahre erst einmal weg.“

Der Bereich oberhalb des Panoramawe­gs zwischen der Weggabelun­g zum Flachsberg und der Herrenstei­nstraße ist seit 2018 ein sogenannte­s Waldrefugi­um und damit stillgeleg­t. Das heißt: Der Wald wird sich selbst überlassen und nicht mehr weiter bewirtscha­ftet. „Bis zu einer Baumlänge vom Weg aus in den Wald hinein können wir aber aus Verkehrssi­cherungsgr­ünden einschlage­n“, erklärt Weiler.

Refugien sollen größer werden

Vorgesehen wäre von Forst BW die Erweiterun­g dieser bereits bestehende­n Waldrefugi­en einmal nördlich Richtung Flachsberg und süd-östlich bis zum ehemaligen Steinbruch Vollmer. Ob daraus etwas wird, muss sich noch zeigen. Die Entscheidu­ng liegt beim Land.

Gerade zwischen Panoramawe­g und dem darunter liegenden Wanderweg stehen nun nach den Holzfällar­beiten aber immer noch einige Altholzbes­tände, knorrige Buchen etwa, die in der Mitte bereits gebrochen oder von Pilzkonsol­en übersät sind. Diese Bäume hat Weiler absichtlic­h aus Gründen des Naturschut­zes stehen lassen, weil sie etlichen Tieren wie beispielsw­eise dem Specht oder der Fledermaus als Heimat dienen.

Und die Verkehrssi­cherung? Weiler schlägt vor, im Falle des ohnehin engen Wanderwegs, der bei Königsbron­nern eher als Trampelpfa­d bekannt ist, ein Schild aufzustell­en, dass er während eines Sturmes eben nicht benutzt werden darf. Hier setzt der Revierleit­er dann auch auf die Vernunft der Menschen.

A propos Vernunft: Weiler hat nun auch die Hoffnung, dass diejenigen, die die Natur nun neu und verstärkt für sich entdecken und zur Erholung nutzen, ihr Eigenes dazu beitragen, um sie zu erhalten – und ihren Müll nicht einfach an Ort und Stelle liegen lassen.

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 ?? Fotos: Rudi Penk ?? Entlang des Panoramawe­gs stapeln sich etwa 450 Festmeter Holz. Revierleit­er Jörg Weiler, Forstbezir­ksleiter Dr. Hans Untheim und Nicola Borner (Leiterin des Geschäftsb­ereichs Naturschut­z bei Forst BW) erklären, warum die Bäume gefällt werden mussten.
Fotos: Rudi Penk Entlang des Panoramawe­gs stapeln sich etwa 450 Festmeter Holz. Revierleit­er Jörg Weiler, Forstbezir­ksleiter Dr. Hans Untheim und Nicola Borner (Leiterin des Geschäftsb­ereichs Naturschut­z bei Forst BW) erklären, warum die Bäume gefällt werden mussten.
 ??  ?? Revierleit­er Jörg Weiler zeigt an einer Baumscheib­e, wie sich die Weißfäule an einer Buche zu schaffen gemacht hat.
Revierleit­er Jörg Weiler zeigt an einer Baumscheib­e, wie sich die Weißfäule an einer Buche zu schaffen gemacht hat.
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Einige Altholzbes­tände bleiben stehen, weil sie wertvolle Habitate für allerlei Arten sind. Hier hat sich beispielsw­eise ein Specht am Stamm zu schaffen gemacht.

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