Chinas neue Freunde in Teheran
Peking baut seinen Einfluss in der Welt systematisch aus. Es will auf Augenhöhe mit den USA sein.
Peking. Allein die schiere Dimension des Abkommens dürfte in Washington die Alarmglocken schrillen lassen: Auf 25 Jahre ist die neue „strategische Partnerschaft“zwischen Peking und Teheran angelegt, rund 400 Milliarden Dollar soll China im selben Zeitraum in iranische Infrastruktur investieren. Im Gegenzug liefert das Mullah-regime vergünstigten Zugang zu Öl. Und um möglichen Us-sanktionen aus dem Weg zu gehen, setzten beide Seiten zudem die Gründung einer iranisch-chinesischen Bank auf. Bis Dienstag befindet sich Pekings
Außenminister Wang Yi auf einer einwöchigen Tour durch den Mittleren Osten.
Während seine Vertragsunterzeichnung in Teheran besondere Medienaufmerksamkeit generiert, spiegeln doch sämtliche sechs Staatsbesuche die zunehmende Bedeutung wider, die die Volksrepublik der Region beimisst. Ob Saudi-arabien, Türkei, Iran, Vereinigte Arabische Emirate, Oman oder Bahrain: Zu allen Regierungen pflegt China gute Beziehungen. Das ist umso erstaunlicher ob der eklatanten Menschenrechtsverletzungen Pekings
gegen die muslimische Minderheit in Xinjiang.
Für China geht es aber um das Schmieden neuer Allianzen. In seiner langfristigen Strategie befindet sich die Volksrepublik in einem grundlegenden Transformationsprozess, der vor allem darauf abzielt, gegen mögliche Sanktionen der USA gewappnet zu sein. Peking arbeitet mit seiner staatlichen Digitalwährung an einer Alternative zum Us-dollar, möchte mit dem Aufbau einer eigenen Halbleiterindustrie unabhängig von Us-importen werden und auch seine Armee in den nächsten 15 Jahren auf Augenhöhe mit den Streitkräften der Vereinigten Staaten wissen.
Für die Autarkie gegenüber dem Westen sind die nun gesicherten Öl-importe rund um den Persischen Golf unabdingbar. Schon in den letzten Monaten sind Pekings Importe des schwarzen Golds aus dem Iran auf den höchsten Wert seit Implementierung der Us-sanktionen unter Donald Trump gestiegen.
Auf den ersten Blick also mag der Eindruck entstehen, dass ein zum Westen antagonistischer Block unter Chinas Führung erstarkt. Während der Konflikt mit den USA zu einer zunehmenden Entfremdung führt, sucht China den Schulterschluss mit Russland und dem Iran.
Doch darum gehe es Peking keineswegs, sagt Außenpolitik-experte Ruan Zongze, Vize-direktor vom China Institute for International Studies: Chinas Staatsführung signalisiere mit Wang Yis Teheran-besuch, dass man auf eine Rückkehr des Atomdeals zwischen dem Iran und den Vereinigten Staaten unter dem neuen Präsident Joe Biden hofft.
Ein verletzter Demonstrant wird mit Sauerstoff versorgt.