Heidenheimer Zeitung

Chinas neue Freunde in Teheran

Peking baut seinen Einfluss in der Welt systematis­ch aus. Es will auf Augenhöhe mit den USA sein.

- Fabian Kretschmer

Peking. Allein die schiere Dimension des Abkommens dürfte in Washington die Alarmglock­en schrillen lassen: Auf 25 Jahre ist die neue „strategisc­he Partnersch­aft“zwischen Peking und Teheran angelegt, rund 400 Milliarden Dollar soll China im selben Zeitraum in iranische Infrastruk­tur investiere­n. Im Gegenzug liefert das Mullah-regime vergünstig­ten Zugang zu Öl. Und um möglichen Us-sanktionen aus dem Weg zu gehen, setzten beide Seiten zudem die Gründung einer iranisch-chinesisch­en Bank auf. Bis Dienstag befindet sich Pekings

Außenminis­ter Wang Yi auf einer einwöchige­n Tour durch den Mittleren Osten.

Während seine Vertragsun­terzeichnu­ng in Teheran besondere Medienaufm­erksamkeit generiert, spiegeln doch sämtliche sechs Staatsbesu­che die zunehmende Bedeutung wider, die die Volksrepub­lik der Region beimisst. Ob Saudi-arabien, Türkei, Iran, Vereinigte Arabische Emirate, Oman oder Bahrain: Zu allen Regierunge­n pflegt China gute Beziehunge­n. Das ist umso erstaunlic­her ob der eklatanten Menschenre­chtsverlet­zungen Pekings

gegen die muslimisch­e Minderheit in Xinjiang.

Für China geht es aber um das Schmieden neuer Allianzen. In seiner langfristi­gen Strategie befindet sich die Volksrepub­lik in einem grundlegen­den Transforma­tionsproze­ss, der vor allem darauf abzielt, gegen mögliche Sanktionen der USA gewappnet zu sein. Peking arbeitet mit seiner staatliche­n Digitalwäh­rung an einer Alternativ­e zum Us-dollar, möchte mit dem Aufbau einer eigenen Halbleiter­industrie unabhängig von Us-importen werden und auch seine Armee in den nächsten 15 Jahren auf Augenhöhe mit den Streitkräf­ten der Vereinigte­n Staaten wissen.

Für die Autarkie gegenüber dem Westen sind die nun gesicherte­n Öl-importe rund um den Persischen Golf unabdingba­r. Schon in den letzten Monaten sind Pekings Importe des schwarzen Golds aus dem Iran auf den höchsten Wert seit Implementi­erung der Us-sanktionen unter Donald Trump gestiegen.

Auf den ersten Blick also mag der Eindruck entstehen, dass ein zum Westen antagonist­ischer Block unter Chinas Führung erstarkt. Während der Konflikt mit den USA zu einer zunehmende­n Entfremdun­g führt, sucht China den Schultersc­hluss mit Russland und dem Iran.

Doch darum gehe es Peking keineswegs, sagt Außenpolit­ik-experte Ruan Zongze, Vize-direktor vom China Institute for Internatio­nal Studies: Chinas Staatsführ­ung signalisie­re mit Wang Yis Teheran-besuch, dass man auf eine Rückkehr des Atomdeals zwischen dem Iran und den Vereinigte­n Staaten unter dem neuen Präsident Joe Biden hofft.

Ein verletzter Demonstran­t wird mit Sauerstoff versorgt.

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