Chance für Vernunft
Inmitten der Corona-krise tauscht Brasiliens rechtspopulistischer Präsident Jair Bolsonaro ein halbes Dutzend Minister aus, unter ihnen der hoch umstrittene Außenminister Ernesto Araujo. Für Bolsonaro sind die Personalien eine letzte Chance, die Präsidentschaft zu retten. Längst mehren sich auch aus der politischen Mitte die Stimmen, die seine Ablösung fordern.
Der Präsident setzt unter anderem auf einen neuen Außenminister: Carlos Alberto Franco França. Auf ihn kommt die wohl schwerste Aufgabe zu. Der neue Chefdiplomat muss wegen der verheerenden Amazonas-politik und der außer Kontrolle geratenen Corona-pandemie das Vertrauen der internationalen Staatengemeinschaft zurückgewinnen. Das wird nicht ohne eine grundlegende Kurskorrektur gelingen. Nur wenn sich Brasilien entscheidet – wie von den USA gefordert
– vor dem von Us-präsident Joe Biden einberufenen Klima-sondergipfel eine überprüfbare Reduzierung der Abholzungszahlen im Regenwald zu verkünden und diese in den nächsten Monaten auch einzuhalten, hat diese Regierung noch eine Chance, international akzeptiert zu werden.
Umgekehrt erwartet Brasilien wie viele andere Staaten Lateinamerikas von den USA, dass die Vereinigten Staaten endlich etwas von ihren Impfmittelkapazitäten abgeben, damit auch der Süden Amerikas die Corona-pandemie in den Griff bekommen kann. Das ist der Ansatzpunkt des Außenministers, um mit dem Westen ins Gespräch zu kommen.
Das alles läutet nun den Wahlkampf ein: In Brasilien wird in gut 18 Monaten gewählt. Für Bolsonaro ist diese Kabinettsumbildung eine letzte Möglichkeit, das Ruder in der Pandemie herumzureißen.