Liebe Osterbräuche (II),
der Brauch, um den es heute geht, wäre in der heutigen Zeit gleich aus mehreren Gründen undenkbar. Fangen wir mit den Pferden an.
Pferde sind heute größtenteils nervöse Sportgeräte, die man in Anhängern hinter dicken Geländewagen durch die Gegend zieht. Früher waren Pferde Arbeitskräfte, und wenn, dann zogen sie die Anhänger selbst, weil der dicke Geländewagen noch nicht erfunden war. Es gab viel mehr Pferde und viel weniger Aufhebens darum, deswegen waren Pferde einst wahrscheinlich weit unproblematischer. So wie ein Kind mit zwölf Geschwistern wahrscheinlich unproblematischer ist als ein verzogenes Einzelkind.
Pferde müssen sich bewegen, denn wenn sie nur im Stall stehen und futtern, setzt sich zu viel Glykogen in den Muskeln ab und sie bekommen entzündliche Beschwerden. „Ruckaschlaog“nennt man das auf der Alb, auf Hochdeutsch „Kreuzverschlag“und auf Englisch „Monday Desease“, weil das Problem gerne nach einem Wochenende auftritt, an dem ein Pferd zu lange im Stall stand.
Ostern ist ein besonders langes Wochenende, und bei Pferden war die Osterruhe (höhö) einst ein echtes Risiko. Also bewegte man die Pferde, ohne dass sie etwas zu tun hatten. Das war völlig ungewöhnlich. Und weil die Bauern selbst gar keine große Lust hatten, sich an den Feiertagen schon wieder mit den Pferden abzugeben, wurde das Ausreiten an Ostern einst zum beliebten Kinderspaß: Man setzte die Sprösslinge auf die selten ans Reiten gewöhnten Zugpferde, und ab die Post, das sah dann wahrscheinlich aus wie bei Pippi Langstrumpf und dem Kleinen Onkel.
Kinder konnten damals nicht automatisch reiten, und die Pferde waren es auch nicht gewöhnt. Der Reiter machte also gerne Plumps, aber das tat der Gaudi kaum Abbruch. Ein hübscher Brauch, den heute wahrscheinlich manches Kind noch gerne pflegen würde. Einmal hoch zu Ross eine Runde durch den Ort drehen? Cool. Aber dazu sind die Pferde zu nervös geworden. Und die Eltern.
Aber Ihr lest das ja eh wieder nicht.