Einigung nach langem Ringen
Der Tarifabschluss ist erreicht: Für die Beschäftigten gibt es 500 Euro Corona-prämie, das Lohnplus wird in einem „Transformationsgeld“versteckt.
In der Metall- und Elektroindustrie haben sich Arbeitgeber und IG Metall auf zusätzliche Möglichkeiten für eine Arbeitszeitverkürzung mit einem teilweisen Lohnausgleich verständigt. Der nach einer langen Verhandlungsnacht am Dienstag in Nordrhein-westfalen vereinbarte Pilotabschluss sieht zudem automatische Entlastungen für Betriebe in wirtschaftlichen Schwierigkeiten vor. In diesem Jahr erhalten die Beschäftigten eine Corona-prämie in Höhe von 500 Euro. Der Tarifabschluss sei „ein großes Paket mit vielen Details“, sagte der nordrhein-westfälische Bezirksvorsitzende der Gewerkschaft, Knut Giesler.
Beide Seiten zeigten sich sehr zufrieden mit der nach einer ungewöhnlich langen Tarifrunde gefundenen Einigung. Gewerkschaft und Arbeitgeber hätten in den sieben Verhandlungsrunden gezeigt, dass sie in der Lage seien, „auch in der Krise wichtige Weichen nach vorne zu stellen“, sagte der Vorsitzende der Ig-metall, Jörg Hofmann.
Gesamtmetall-präsident Stefan Wolf sprach von einem „Signal der Hoffnung“. Für die Unternehmen gebe es in diesem Jahr keine zusätzliche Belastung. Der Arbeitgeberverband und der Gewerkschaftsvorstand empfahlen die Übernahme des Nrw-abschlusses in den anderen Tarifgebieten.
Ein Kernpunkt der Vereinbarung ist aus Sicht der Gewerkschaft das Transformationsgeld, das über die jährlichen Sonderzahlungen finanziert werden soll. Es entspricht einer Tarifsteigerung von 2,3 Prozent.
Das Geld wird zunächst angespart und dann einmal im Jahr ausgezahlt – zum ersten Mal im Februar 2022 in Höhe von 18,4 Prozent eines Monatsentgelts, dann im Februar 2023 in Höhe von 27,6 Prozent. Das Geld kann aber auch zur Beschäftigungssicherung eingesetzt werden. Der neue Tarifvertrag hat eine Laufzeit von 21 Monaten und gilt bis 30. September 2022.
Die Gewerkschaft war mit der Forderung nach 4 Prozent mehr
Geld in die Verhandlungen gegangen. Der Präsident der Nrw-arbeitgeber, Arndt G. Kirchhoff, sagte, in der vereinbarten Regelung „versteckt sich im Grunde eine Tabellenerhöhung“.
Arbeitgeber: Alles nur freiwillig
„Wir parken irgendwo Geld“, um es bei Bedarf für einen Teilentgeltausgleich verwenden zu können, sagte Giesler. Zusammen mit Elementen aus früheren Tarifabschlüssen ließen sich bei einer Verkürzung der Wochenarbeitszeit von 35 auf 32 Stunden auf diese Weise 34 Stunden bezahlen. Damit sei auch eine 4-Tage-woche möglich.
Die Senkung der Arbeitszeit soll für bis zu 36 Monate in den
Betrieben vereinbart werden können. Die Gewerkschaft will damit Arbeitsplatzverluste beim Umbau der Industrie, etwa zur E-mobilität, verhindern. Gesamtmetallchef Wolf betonte, die Vereinbarung sei „kein Einstieg in die Arbeitszeitverkürzung“. Es handele sich um „freiwillige Angebote“.
Den Arbeitgebern ist bei dem Tarifabschluss eine automatische Entlastung von Betrieben in wirtschaftlichen Schwierigkeiten im laufenden Jahr besonders wichtig. Dazu kann ein bereits 2018 vereinbartes Zusatzentgelt von etwa 400 Euro, das im Oktober fällig wird, verschoben oder gestrichen werden. Betriebe, deren Nettoumsatzrendite unter 2,3 Prozent fällt, können davon Gebrauch machen.
Wolf schätzt, dass etwa ein Drittel der Betriebe dafür in Betracht kommt. Er möchte diese Regelung „auch in der Zukunft fortführen“.
Die Gewerkschaft will sich das erst genau ansehen. Hofmann sagte, die IG Metall habe erreicht, „dass die Krisenfolgen fair verteilt und nicht einseitig bei den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern abgeladen werden“. Ein weiterer Baustein ist ein Tarifvertrag „Zukunft, Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigungssicherung“. Betriebsräte und IG Metall können Arbeitgeber zu Gesprächen auffordern.